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Geradlinigkeit im hellhörigen Raum

MOZARTWOCHE / C-MOLL-MESSE

01/02/19 Eine selten sich bietende Gelegenheit: Im Abstand von zwei Tagen konnte man bei der Mozartwoche das Original – die c-Moll-Messe – mit der Kontrafaktur – dem Oratorium Davide penitente vergleichen.

Von Reinhard Kriechbaum

Aus der c-Moll-Messe ist ja unmittelbar nichts geworden, Mozart sah im josefinischen Wien der 1780er Jahre offenbar keinen Markt für eine ausufernde Messkomposition. Die Komposition ist ihm gewiss am Herzen gelegen, aber sie blieb Fragment. Ein Komponist im 18. Jahrhundert durfte seine Schaffensenergie nicht vergeuden und musste schon aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus Pragmatiker sein. Die meisten dieser Noten hat Mozart dann für ein anderes Werk, den Davide penitente weiterverwendet.

Das Oratorium war am Dienstag Nachmittag (29.1.) zu hören, als Betrag der Universität Mozarteum zur Mozartwoche. Am Donnerstag (31.1.) im Haus für Mozart folgte das Original mit dem Collegium Vocale Gent und dem Orchestre des Champs-Elysées unter Philippe Herreweghe. Allerbeste Anwälte für diese Messe, die in Salzburg ja eine geradezu sagenhafte Aufführungstradition genießt. Jedes Jahr ist sie bei den Festspielen zu hören, aber es geht ihr dort, ehrlich gesagt, nicht immer wirklich gut. Nicht nur aus akustischen Gründen. Und auch ein Originaltöner wie Harnoncourt hat sie in der fatal halligen Stiftskirche St. Peter nicht wirklich überzeugend umsetzen können.

Im Haus für Mozart herrschen andere Hörbedingungen. Diese wusste Philippe Herreweghe, mit der inneren Dramaturgie des Werks so vertraut wie nur, für sich und für die Noten optimal zu nutzen. Wie sagenhaft geradlinig er die Streicher hinein führt ins Kyrie, dem der Chor in nicht minder klarem Lineament Nachdruck, aber eben nicht Nachhall gibt. Da greift wirklich eine Note in die andere, ohne aufgesetztes Sentiment. Solch zielgerichtete Geradlinigkeit tut gut. Es wurde in dieser Interpretation deutlich, dass das, was hier als unmittelbare motorische Energie begegnete, sonst meistens doch nur kalorienträchtiges Musik-Fett ist.

Philippe Herreweghe lässt es aber auch nicht am Spielerischen fehlen. Das Benedictus suchte diesbezüglich seinesgleichen: Die Wolken im Himmel scheinen obenauf sehr tragfähig zu sein und einen guten Tanzboden für die Himmelswesen abzugeben – jedenfalls für diese vier Engel: Siobhan Stagg (Sopran), Sophie Harmsen (Mezzosopran), Sebastian Kohlhepp (Tenor) und Krešimir Stržanac (Bass). Gerade der Bass ist im Fragment der c-Moll-Messe stiefmütterlich behandelt und es war auffallend, wie der junge Kroate in musikantischem Schulterschluss mit dem deutschen Tenor dieses Benedictus mit viel Elegance von unten her aufmischte. Eine gute Allianz auch zwischen den Damen: Siobhan Stagg schien im Christe von der trockenen Akustik des Hauses noch etwas irritiert. Es wirkte, als ob sie sich nicht wirklich satte Kantilenen anzusetzen getraute. Aber neben der selbstbewussten Sophie Harmsen (die im Laudamus te ihre Koloraturen leuchtkräftig perlen ließ) gewann sie in den weiteren solistischen Abschnitten an Souveränität.

Ein paar Gustostücke: der beispielhaft durchsichtig gehaltene Orchestersatz am Beginn des Credo, zu dem der Chor in leichtem Parlando seine Glaubenssätze transportieren konnte. Im Et incarnatus haben die solistischen Holzbläser die wohl so gewollten Manierismen der Sopranistin punktgenau pariert und die Balance wiederhergestellt.

Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher
Zur Besprechung Vom büßenden David

 

 

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