Stimmglanz und Gloria
MOZARTWOCHE / LIEDMATINEE MAURO PETER
28/01/19 Deswegen geht man zur Mozartwoche. Deswegen soll es die Mozartwoche geben. Und genau so etwas wagt man selbst von der Mozartwoche nicht zu erwarten. Es muss einem geschenkt werden: Mozartlieder - so tief und bewegend wie Schubert, so unverbraucht wie qualitätvollste „Neue Musik“. So duftig und lebendig wie Mozart.
Von Heidemarie Klabacher
Ein Sänger. Ein Pianist. Kein Motto. Keine Dramaturgie. Einfach ein Liederabend am Vormittag. Es war ein geradezu singulärer Höhenflug der Liedkunst und der Mozart-Interpretation, auf den der Tenor Mauro Peter und der Pianist Helmut Deutsch das Publikum mit der Matinee heute Montag (28.1.) im Großen Saal des Mozarteums mitgenommen haben.
Nur Mozart. So viele Lieder hat er gar nicht komponiert. Die meisten kennt man recht gut. Doch alles was selbst der Liedfreak über Mozarts Lieder zu wissen geglaubt hat, alles was man an guten und sehr guten Interpretationen und Aufnahmen im Ohr hat – all das kann man nach dem Konzert einen Tag nach Mozarts 263. Geburtstag getrost vergessen. Und alles was man an Mozart-Liedgesang künftig vorgesetzt bekommen wird, wird sich an diesem Erlebenis messen lassen müssen.
Mauro Peters Tenor ist von klangfarben- und facettenreicher Fülle. Ob er höhere und hohe Töne im Pianissimo oder in einem mittleren Forte (Fortissimo hat seine Ausdruckskraft nicht nötig) singt, macht keinen Unterschied: Auch Spitzentöne fallen nicht als solche auf – oder gar aus den Linien und Melodien heraus. Der Künstler gebietet souverän über eine stupende Technik, mittels derer die elegante geschmeidige Mittellage zum Referenzklang für jede Lange wird. Dünn ist die Höhenluft im Lied Das Traumbild. Hier gestaltet Mauro Peter die exponierten Phrasen ebenso geschmeidig, wie die auf einen Stimmsitz bis ins Grab absteigende große Linie im Lied Sei du mein Trost.
Da man „Dramaturgie“ gewohnt ist, stöbert man - gesucht oder ungesucht – verbindende oder übergreifende Themen auf: Veilchen etwa, die Seligkeit unglücklicher und glücklicher Liebe (no na, im Liedfach) oder Zufriedenheit. Tatsächlich sang Peter mehrere Lieder in kontrastierenden oder einander ergänzenden Zweiergruppen. Wie etwa Sehnsucht nach dem Frühlinge und Das Kinderspiel: Wohl zwei der heitersten Mozartlieder, bei denen man über die hohen KV-Nummern 596 und 598 immer wieder staunt. KV 597, Der Frühling, mit seinen Nachbarn verwandt, aber grundsätzlich getragener und in der Lesart von Mauro Peter von tiefem Ernst erfüllt, hat den Vormittag eröffnet. Gefolgt von der Zufriedenheit KV 349, bei der man an so manchen Schubert'schen Einsamen denken musste.
Dabei machten Mauro Peter und Helmut Deutsch beileibe keine weihevolle Stunde der Mozartpflege. Eine neckische Frechheit, nur mit atemberaubender Stimmtechnik überhaupt möglich, war etwa die kleine Koloratur im Lied Die betrogene Welt in der Zeile „dem äußerlichen Schein gewogen, hält mancher sie für engelrein...“ Das wurde jedem Heuchler mit spitzer Feder ins Stammbuch geschrieben.
Die steifleinene Kantate Die ihr des unermesslichen Weltalls Schöpfer ehrt KV 619, der Schrecken gewöhnlicher Mozart-Blöcke in gewöhnlichen Liederabenden, war ebenso wortdeutlich und in der Phrasierung lebendig, wie die heiteren Nummern: von Dans un bois solitaire bis zum beinah unschicklich ungenierten Treiben im Lied An Chole. Die Stimmungswechsel, an denen die Mozart'schen Werke auch in der Miniaturform so reich sind, waren ebenso subtil gestaltet und bewegend, wie die Gesamtfolge der Lieder.
Auch wenn freimaurerische oder sonstige Ernsthaftigkeit im Hintergrund lauert, erweckten Mauro Peter und sein Klavierpartner Helmut Deutsch diese Lieder und Texte zu erstaunlicher Aktualität. Das frühe An die Freude KV 53 ist an die Königin der Weisen gerichtet. Guter Rat: „...ruhig, wenn die Torheit schnaubt“...