Mozarts wundersame Schatten
MOZARTWOCHE / OVAL / CATAPULT
27/01/19 Die Dame ist eine gebückte, am Stock gehende Oma. Sie erzählt von einst, als sie und ihr Bruder Wolfgang Amadé als Jugendliche in einem von Musik durchpulsten Haus in der Getreidegasse Freundschaft schlossen mit einer Maus, die ihre großen Ohren auch auf die Musik gerichtet hatte...
Von Reinhard Kriechbaum
Die Mozartwoche macht erstmals Station in einem Einkaufszentrum. Im Oval zeigt sie eine Produktion, um die ihr eigentlich das Winterfest neidisch sein müsste. Mozart's Amazing Shadows: Das ist genau das, was der Titel sagt. Eine Gruppe von sieben Tänzerinnen und Tänzern wirft Schatten, und das sind nicht nur die Silhouetten von Menschen. Diese biegsamen jungen Leute verstehen sich darauf, blitzschnell auch die Konturen von Möbeln und Gebäuden herbei zu zaubern. Und Krinolinen! Dafür braucht's drei Personen, will der Rock schöne Rundung haben. Auch pferd und Kutsche muss ihnen erst mal ein Schattenwerfer nachmachen.
Blitzschnell bilden sich die Dinge und lösen sich ebenso spielerisch wieder in Gliedmaßen, in Menschen auf. Als (erwachsener) Zuschauer lernt man das kindliche Staunen und es wächst zugleich die Neugier: Wie mag das alles von der anderen Seite der Leinwand betrachtet aussehen?(Wir zeigen es im Bild rechts unten) Eine ausgeklügelte Schatten-Choreographie jedenfalls. Adam Battelstein ist der Gründer und Leiter der Shadow-Illusion-Company Catapult Entertainment. Seit 2009 gibt es diese hoch spezialisierte Gruppe, die ihre zaubrischen Dinge längst weltweit sehen lässt.
Fürs Mozartwochen-Debüt des Oval als Veranstaltungsort hätte man nicht besser wählen können als Mozart's Amazing Shadows. Bildungsbürgerliche Erwartungen an Mozart-Vermittlung kann man gleich wieder einpacken (und solche bringt vermutlich das Publikum, auf das man im Oval abzielt, ohnedies nicht mit). In einer knappen Dreiviertelstunde wird ein Märchen erzählt, das mehr oder weniger zufällig in Salzburg spielt. Das Haus Mozart war gewiss guter Boden für eine Maus mit Musik-Sensorium. Gestrenge Väter gibt’s da wie dort: Mozart senior will seine Tochter künftig nicht mehr als Wundermädchen am Klavier, sondern als Heiratskandidatin und künftige Hausfrau sehen. Der alte Mäuserich goutiert gar nicht, dass sein Sohn Mauzart im Dunstkreis der Menschen umgeht. Menschen – das sind jene sonderbaren Wesen, die sich ihr Fell weitgehend abrasieren, sich gleichwohl Haare auf den Kopf setzen und die Kostüme oft wechseln. Rätselhafte Wesen jedenfalls, aber – wie Mauzart rasch feststellt – solche mit göttlichem akustischen Beiwerk, Musik genannt.
Ein bündig erzähltes Märchen von Freundschaft und Berufung zur Tonkunst. Dass man in der Diseney-Schaumfabrik noch nicht drauf gekommen ist! Die Musik (vom Band) ist immer als Mozart'sche kenntlich. Wie Wolfgang und Mauzart an zwei Klavieren sich Melodien für Maria Annas Hochzeit ausdenken, hat nicht wenig Witz. Dass die für Nannerl dräuende Welt ohne Musik auch Mauzart bedrohlich anmutet, rechtfertigt schon den Einsatz des „Lacrimosa“ aus dem Requiem.
Mozart's Amazing Shadows hält sich nicht auf mit biographischen Details. Was aus Wolfgang geworden ist, wissen auch alle Europark-Besucher, egal welchen Alters. Und Mauzart? Er rockt am Ende zu Motiven der Königin der Nacht. Die Musik hat ihn, und er die Musik. Darauf kommt es an.