Gegen den Taktstrich
MOZARTWOCHE / DANIEL BARENBOIM / KAMMERMUSIK
21/01/19 „Es konnte nicht gefallen; alles gähnte vor Langerweile über dem unverständlichen v von 4 Instrumenten, die nicht in vier Takten zusammen paßten, und bey deren widersinnigem Concentu an keine Einheit der Empfindung zu denken war.“ So urteilte ein Zeitgenosse über Mozarts untypische Klavierquartette. Sie sind also gut gealtert! Dies zu bewahrheiten, bittet die Mozartwoche Daniel Barenboim gleich dreimal ans Klavier. Er spielt zusammen mit jungen Kollegen Trios und Quartette.
Von Franz Jäger-Waldau
1788: Im Journal des Luxus und der Moden erinnert sich ein Rezensent leicht entsetzt, in „rauschender Gesellschaft“ und „großen lärmenden Concerten“ einem neuen Quartett von Mozart in der ungewohnten Besetzung mit Klavier, Violine,Viola und Violoncello begegnet zu sein. Die Standardformation war für die hochklassischen Ohren eine fremdartige Schar. Mozarts Biograph Georg von Nissen erzählt noch von den Folgen von Mozarts derartig kühnen Formexperiment: Sein Verleger überließ ihm das vorausbezahlte Honorar für einen Zyklus dreier Stücke, unter der Kondition, dass Mozart nur bitte endlich mit den Quartetten aufhöre. Die Kammermusik und Mozart haben aber schon früh voneinander gehört: Mit acht Jahren komponiert er seine ersten Trios, er widmet sich bescheiden der englischen Königin. Im Gegensatz zu Haydn (mit rund vierzig Klaviertrios) bleibt Mozarts Oeuvre von der intimen Gattung allerdings größtenteils unberührt. Mit der musikalischen Mode ändert sich aber auch Mozarts Schaffensorientierung.
„Mit auffallender, doch gewiss nicht zufälliger Konzentration auf die Jahre 1786 und 1788 schrieb Mozart ein Trio nach dem anderen, oftmals im Abstandweniger Wochen, insgesamt sechs an der Zahl, wenn man das unorthodox besetzte Kegelstatt-Trio Es-Dur KV 498 mitrechnet, das Mozart für seine Schülerin Franziska von Jacquin (Klavier), seinen Freund Anton Stadler (Klarinette)und sich selbst (Bratsche) erdachte“, schreibt Wolfgang Stähr im Almanach der Mozartwoche 2019. Im Gegensatz zu den früheren Kammerwerken, die meist noch als „Sonaten“ mit Begleitung bezeichnet werden, sprechen hier die Instrumente von Angesicht zu Angesicht.
Der Dirigent und Pianist Daniel Barenboim, seit 1969 immer wieder Gast bei der Mozartwoche, widmet sich 2019 zusammen mit jungen Kollegen und in verschiedenen Besetzungen, den subtilen Werken. Geboren 1942, studierte Barenboim bei seinem Vater Klavier und spielte mit sieben Jahren sein erstes Konzert in seiner Heimatstadt Buenos Aires. 1952 zogen seine Eltern nach Israel. Sein Solistendebüt als Pianist gabe er nur wenige Jahre später in Wien und Rom. Mit elf Jahren nahm er in Salzburg Dirigierunterricht bei Igor Markevich und begann sein Studium der Harmonielehre und Komposition in Paris. Als Chefdirigent leitet er führende Orchester in der ganzen Welt.
Gemeinsam mit seinem Sohn Michael trägt Daniel Barenboim nun einmal mehr Juwelen aus Mozarts Schaffenskorpus ans Licht: Das prototypische Quartett g-Moll für Klavier, Violine, Viola und Violoncello KV 478, das intime Quartett Es-Dur KV 493 und das schräge Kegelstatt Trio KV 498. Letzteres ist auf die ausgefallene Besetzung Klavier, Klarinette, Viola angewiesen und trägt seinen Namen nicht arbiträr, so Wolfgang Stähr: „Will man einer anekdotischen Überlieferung trauen, so hat Mozart an diesem Trio beim Kegeln gearbeitet. Denkbar wäre es, denn immerhin hatte er die wenige Tage zuvor abgeschlossenen Hornduos KV 487 mit dem Vermerk ‚Wienn den 27tenJullius 1786 untern Kegelscheiben‘ versehen.“ Der Biograph fundiert die Vermutung: „Wenn die Reihe des Spiels ihn traf, stand er auf; allein kaum war diess vorüber, so arbeitete er sogleich wieder fort, ohne durch Sprechen und Lachen derer, die ihn umgaben, gestört zu werden.“
Zusammen mit Kian Soltani, Violoncello, spielen die Barenboims im Zyklus Daniel Barenboim: Trios und Quartettvon 31. Jänner bis 2. Februar zweimal um 15 Uhr und einmal um 19.30 im Großen Saal. Der Klarinettist ist Daniel Ottensamer, Viola spielt Yulia Deyneka.