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Petitessen und tiefere Empfindung

MOZARTWOCHE / MARLIS PETERSEN

04/02/18 Eine Kammermusik-Matinee und ein Lied-Recital in einem gab es am Samstag (2.2.) im Großen Saal des Mozarteums. Mozart und Richard Strauss standen am Programm der Sopranistin Marlis Petersen. Solche Kombinationen wird man in Zukunft in der Mozartwoche schmerzlich vermissen.

Von Gottfried Franz Kasparek

Strauss war ja auch ein „Mozartianer“ und es ist erhellend, die frühe Romantik in Mozarts wundersamem Lied „Abendempfindung an Laura“ und die weit atmende Belcantokunst in der Arie „L’amerò“ aus „Il re pastore“ mit den spätromantisch balsamischen Stimmungen in Liedern von Strauss wie „Cäcilie“ zu vergleichen. Zumal wenn eine Sängerin wie Marlis Petersen Mozarts Lieder und Arien nicht säuselt und flötet, sondern mit blühender Stimme singt. Und auch die im ersten Teil gegebenen, gesanglichen Sätze aus Violinsonaten von 1778 kommunizieren eigenartig mit einer Petitesse wie dem Allegretto für Geige und Klavier von 1948. Da hat der alte Strauss sich zurück gesehnt in eine Welt klassischer Schönheit.

Ja, es gab etliche Petitessen in diesem klug gestalteten Programm. Vor der Pause erfreute ein Mozart-Pasticcio. Marlis Petersen, die gerade von einer bejubelten „Maria Stuarda“ nach Noten Donizettis aus Wien kam, auf den Tag genau vor zweimal 25 Jahren das Licht der Welt erblickt hat und vom Publikum anfangs spontan mit „Happy birthday“ gefeiert wurde, ist eine vielseitige Interpretin, eine unvergessliche „Lulu“, eine Künstlerin, die sich immer wieder für Musik unserer Zeit einsetzt. Sie kann auch Mozarts italienische und französische Arietten mit feiner Eleganz zu exquisiten Kostbarkeiten machen – und die Konzertarie „Schon lacht der holde Frühling“ zu einem kleinen Drama verlorener Liebe.

An ihrer Seite befanden sich der Pianist Camillo Radicke, nicht bloß aufmerksamer Begleiter, sondern hellhöriger Mitgestalter, und der hierzulande kaum bekannte Geiger Florian Mayer. Der Mann aus Dresden komponiert, schreibt Gedichte, macht Salonmusik, Jazz und Dadaistisches mit dem Sextett „Pago libre“. Und spielt Mozart und Strauss mit sagenhafter Klarheit, seidenweich und dennoch akzentuiert. Der reine Geigenklang harmoniert in Stücken wie „L’amerò“ derart innig mit Gesang und Klavier, dass man danach süchtig werden könnte. Straussens Daphne-Etüde hätte man am liebsten gleich noch einmal gehört. Die frühen Klavier-Stimmungsbilder op. 9 in allerlei Arrangements, zum Beispiel von Jascha Heifetz, wurden zu atmosphärischen Gustostückerln charmanter Melancholie.

Nach der Pause also ein Strauss-Bukett mit den textlich eigentlich kaum erträglichen „Mädchenblumen“, doch Marlis Petersen macht aus dem Schwulst augenzwinkernde Charakterbilder von „rotblutig gesunden“ oder „nachtlock’gen“ Maiden, wie sie halt Herr Professor Felix Dahn gern gehabt hätte. Der konnte ja nicht immer nur mit den alten Germanen um Rom kämpfen. Das hier sehr sanfte Strauss-Melos veredelt alle Korn- und Mohnblumen sowieso. Die bei Mozart immer noch koloraturgewandte Sopranistin hat stimmlich eine Reife erreicht, die bei perfekter Technik und Wortdeutlichkeit Gesänge wie „Die Georgine“ und „Morgen“ zum Erlebnis macht. Sinnlichkeit des Klangs und tief empfundener Ausdruck lassen von einer Marschallin träumen. Als Zugaben gab es „Allerseelen“ und, mit Geigenbegleitung, „Habe Dank“, Des Jubels war kein Ende. Und: auf nach Frankfurt am Main im Mai, denn dort wird Marlis Petersen als Lehárs „Lustige Witwe“ zu erleben sein!

Hörfunkübertragung am 22. Februar, 19.30 Uhr, Ö1
Bild: ISM / Wolfgang Lienbacher

 

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