Ein vollkommenes Mozart-Glück
MOZARTWOCHE / MOZARTEUMORCHESTER / MINASI
02/02/18 Vielleicht war das der absolute Höhepunkt: Das Mozarteumorchester unter seinem Chefdirigenten Riccardo Minasi am Donnerstag (1. 2.). Doppelt erfrischend auch mit Werken von Johann Christian Bach, mit Solisten, vornehmlich aus dem Orchester und der Geigerin Antje Weithaas.
Von Horst Reischenböck
Nach Johann Sebastian Bach und dessen zweitältestem Sohn Carl Philipp Emanuel war auch der jüngste komponierende Bruder Johann Christian in der diesjährigen Mozartwoche an der Reihe. Zum Katholizismus konvertiert, wandte er sich auch vom Stil her ab, studierte bei dem berühmten Padre Martini, zu dem auch Mozart Kontakt pflegte und beeinflusste Wolfgang Amadé schon von Jugendtagen an. In London spielte dieser auf dem Schoß von Johann Christian Bach sitzend Cembalo, adaptierte nach der Rückkehr in Salzburg für den Eigengebrauch dessen Klaviersonaten zu Konzerten und zitierte ihn verschiedentlich auch noch später.
Die erste Hälfte des Abends galt Riccardo Minasis Augenmerk also dem „Mailänder“ (später: „Londoner“) Bach quasi als Landsmann. Vom gleichen Komponisten, dann als „Londoner“ Bach, erwaartete man in England, dass er als Reformer dem „augenblicklichen verdorben Geschmack modernen Musik … wieder jene Eleganz und Vollendung zurückbringt, die uns für einige Zeit abhanden gekommen ist.“ Solche Ansprüche werden von der spät entstandenenen, eleganten wie spontan zündenden Es-Dur-Sinfonie Warb C 26, absolut erfüllt. Sie ist für Doppelorchester erdacht,was sich von Balkonmitte im Großen Saal des Mozarteums hervorragend hören ließ: Gleichsam „stereophon“ die Streicher zu beiden Seiten des Dirigenten, die sich die Themen nacheinander zuwarfen. Zentral dahinter mit ihnen jeweils korrespondierend Holzbläser plus Hörner.
Auf diesen spritzigen Einstand folgte die dreisätzige Sinfonia concertante in B-Dur Warb C 48. Mozart hinterließ nur zwei Werke dieser Gattung, von Johann Christian Bach sind siebzehn erhalten. Darunter eben jene Concertante um ein Concertino mit Florian Birsak (Hammeerklavier) im Zentrum, das nach einem ausgedehnten Orchester-Ritornell den Kopfsatz bestimmte. Vorerst perfekt eingestimmt Isabella Unterer (Oboe), von partnerschaftlichen Konzertmeister Frank Stadler und Florian Simma sonor mit Geige und Cello beantwortet. Florian Birsak „traktierte“ erstmals eine Leihgabe an die Stiftung Mozarteum, ein von Peter Anton Moser um 1800 in Wien gebautes Instrument. Birsak wusste speziell in der Kadenz und in den Einstiegen ins finale Rondo durchaus kraftvoll die Vorzüge dieses Instruments vorzustellen. Als auf derlei Klangwerkzeug gestaltete er mit silbrigem Glanz in den Höhen und durchaus „vollmundig“ griffig den Part, den sich der Komponist einst gewiss selbst zugedacht hatte.
Birsak hätte damit übrigens auch nach der Pause noch Mozarts A-Dur-Violinkonzert KV 219 bereichern können, wie dazumal in Salzburgs Residenz üblich gewesen sein mochte. Als Solistin debütierte die Deutsche Antje Weithaas, längst international renommiert und in Graz beim Kreisler-Wettbewerb, bei Leipzigs Bach-Wettbewerb und dem Joseph-Joachim Wettbewerb in Hannover preisgekrönt. Im Anschluss an die bestimmt formulierte Orchestereinleitung schlich sie sich mit ihrem eigenen Thema sanft zu den sanft ätherischen Winden der Begleitung ein, kostete im weiteren Verlauf die lyrische Stimmung im Adagio ebenso intensiv aus und formulierte das abschließende Menuett mit dem aufrüttelnd genommenen Janitscharen-Einsprengsel nachdrücklich dynamisch aus.
Schließlich war noch die „Haffner“Sinfonie KV 385 angesagt. Sie geriet zum absoluten Triumph: Riccardo Minasis instruktive Zeichengebung ließ das eröffnende Allegro geistvoll explodieren, Virtuos unterstützt vom Paukisten und mit schmetternden Naturtrompeten garniert. Entsprechend flüssig schwenkte man ins Andante ein, und schließlich trieb Minasi endlich, typisch italienisch, tänzelnd und mit dem Taktstock als Degen fechtend das ihm willig in Topform folgende Mozarteumorchester begeisternd durchs abschließende Presto. „So schnell wie möglich“ wollte es der Komponist einst haben – und es wurde ein vollkommenes Mozart-Glück.