Ein Himmel für Engel, Spatzen und Menschen
MOZARTWOCHE / B' ROCK ORCHESTRA / ANNA LUCIA RICHTER
30/01/18 Mit Bach, Brahms & Co. ist Schluss bei der Villazón-Version der Mozartwoche „Mozart only“. Für die Begegnung mit dem von seinem Konzertmeister Rodolfo Richter vom Pult aus geleiteten B’Rock Orchestra und der Sopranistin Anna Lucia Richter in Sachen Bach darf man also besonders dankbar sein. Und erst für den Mozart!
Von Heidemarie Klabacher
Rolando Villazón, Intendant der Mozartwoche ab 2019, hat jüngst bei einem Pressegespräch performativen Charakters die Neuerfindung der Mozartwoche verkündet: „Mozart lebt.“ Neuausrichtung ist immer gut und Mariachis aus Mexiko outdoor unterwegs im gatschigen Salzburg hätten Mozart gefallen. Aber Mozart lebt? Mozart ist nie gestorben. Auch nicht bei der Mozartwoche, wo am Montag (29.1.) ein springlebendiges Ensemble wie das flämische B’Rock Orchestra ein triumphales Debüt hingelegt und hingefegt hat.
Tatsächlich hingefegt mit aberwitzigem Tempo, auch da und dort auf Kosten der Präzision, wurden die Tanzsätze der Orchestersuite Nr. 3 D-Dur BWV 1068 - kontrastiert von der glanz- und würdevoll einherschreitenden Air. Es war eine mitreißende Salzburger Erstbegegnung mit dem 2005 gegründeten Originalklang-Ensemble, das auch Zeitgenössisches spielt, sofern es die Instrumente erlauben.
Die Kantate „Jauchzet Gott in allen Landen“ für Sopran und Orchester BWV 51 war ein Meilenstein technischer Perfektion und delikatester Phrasierung – bei geradezu spürbarem Willen aller Beteiligten, sich mit dem je eigenen stupenden Können nicht vor das Werk zu stellen. In diesem Sinne sorgte die Strahlkraft des Instruments der virtuosen Trompeterin Fruzsi Hara für zusätzlichen Glanz.
Das kindlich naive Flehen in der nur vom Continuo begleiteten Arie „Höchster mache deine Güte“ von Bach muss jedem Gott welcher Religion auch immer zu denken gegeben haben. Genau wie die flehende Arie um Frieden „Tu virginum corona“ in der opernhaft weltlich daherkommenden Motette Exultate, jubliate KV 165 von Mozart: Wie vollkommen natürlich, selbstverständlich, unangestrengt die Sopranistin Anna Lucia Richter die atemberaubenden Koloraturen hat strömen, perlen und funkeln lassen!
Silberfein und dabei tragfähig genug, quasi das Leid der Welt dem Himmel anzuhängen, hat sie die großen hochemotionalen Linien der Arie an die Gottesmutter ins Ätherische gespannt. „Psallant aethera cum me“ heißt es in der einleitenden Allegro-Arie. In der Pracht ihrer Alleluja-Vertonungen sind sich protestantischer Bach und katholischer Mozart einig. Und wenn ein Ensemble wie das B’Rock Orchestra diese Himmel stürmt, stimmen Engel und Spatzen und Menschen gerne mit ein.
Die Symphonie B-Dur KV 319 interpretierten B’Rock fein ziseliert in der Phrasierung, delikat in der Lautstärke – in größtem Gegensatz also zur ruppig deftigen Orchestersuite: Eine faszinierende Bandbreite. Vom Jubel des Mozartwochenpublikums schien man überrascht worden zu sein, nach kurzer Besprechung wurde der letzte Satz wiederholt. Und nochmals Jubel.
Bilder: ISM/Wolfgang Lienbacher (1); Matthias Baus (1); fruzsihara.com (1)