Musikalische Glanzlichter
MOZARTWOCHE / WIENER PHILHARMONIKER / ROBIN TICCIATI
28/01/18 Den Wiener Philharmonikern bietet Salzburg immer wieder auch Gelegenheit, junge Dirigenten kennenzulernen, „auszuprobieren“. In ihrem ersten Orchesterkonzert der Mozartwoche nutzte Robin Ticciati die Gunst der Stunde. Dazu begeisterte Geigensolist Renaud Capuçon.
Von Horst Reischenböck
Es musste schon in der Vergangenheit nicht immer ausschließlich der Genius loci sein. So war es dem Engländer Robin Ticciati nicht zu verübeln, dass er sich am Abend von Mozarts Geburtstag (27.1.) zunächst eines Landsmanns versicherte. Sir Edward Elgars h-Moll-Opus 61, ein „Brocken“ sondergleichen, ist das wohl mit Abstand gewichtigste spätromantische Violinkonzert. Zuletzt war es in Salzburg 1999 zu hören und kehrte nun endlich wieder ins Große Festspielhaus zurück.
„Schuld“ am Entstehen war übrigens mit Widmungsträger Fritz Kreisler ein Österreicher. Er hob das Werk 1910 aus der Taufe, nahm es aber nicht unter Leitung des Komponisten auf. 22 Jahre später begeisterte diesen stattdessen die Zusammenarbeit mit dem jungen Yehudi Menuhin.
Was spontan beeindruckt ist nicht nur die mit gut 45 Minuten Dauer an sich schon exorbitante Länge, sondern auch die über weite Strecken wunderbar wirkende Schönheit, der Reichtum mit dem beispielsweise in der Exposition des Kopfsatzes den Hörer gleich fünf Melodien „anspringen“. Gepaart mit teilweise extrem fordernd technischem Anspruch an den ausführenden Solisten, dem, abgesehen von der Idylle des Andante an zweiter Stelle, wenig Ruhemomente gegönnt sind.
Im Finale gipfelt das Stück in einer außergewöhnlichen, weil Elgars Worten nach „sanft von einigen Instrumenten begleitet“ auch entsprechend ausgedehnten Kadenz mit Hörnern, Pauken und tremolierendem Streicher-Pizzikato.
Robin Ticciati, Protegé von Sir Colin Davis und Sir Simon Rattle, führte die Philharmoniker engagiert durch das dicht gesponnen orchestrale Stimmengeflecht und bot Renaud Capuçon sichere Basis, mit voller Hingabe sein Können auszuspielen.
Seine Guarneri-Violine ließ er samten bis in höchste Register erblühen und setzte der ohnedies schon kräfteraubenden Aufgabe zuletzt noch einmal virtuose Glanzlichter auf. Jubelnde Zustimmung verinnerlichte Capuçon dann zart mit dem Tanz der seligen Geister aus Christoph Willibald Glucks „Orfeo ed Euridice“.
Seit Ticciati im Sommer 2006 bei den Salzburger Festspielen zusammen mit dem Stadttheater Klagenfurt „Il sogno di Scipione“ präsentierte, ist er auch in Sachen Mozart kein Geheimtipp mehr. Natürlich hätte er sich bezüglich der „Jupiter“-Sinfonie in C-Dur KV 551, mit der er den äußeren Anlass (Mozarts Geburtstag) nach der Pause dann offiziell noch „auf Schiene“ brachte, von vornherein blindlings auf die Wiener verlassen können. Wie und dass die Chemie zwischen ihm und den Philharmonikern passt, bewiesen kleine Details, eine vorneweg geleistete Feinarbeit, die er durch seine instruktiven Hände vermittelte. In der anders gewichteten Wiederholung der Themenaufstellung im eröffnenden Allegro vivace, im Ausspielen von Generalpausen, in der subtilen Nachdenklichkeit, mit der er das Andante cantabile ausstaffierte oder darin, dass er dem Menuett nach dem Trio eine Wiederholung auch nicht versagte. Für alle Mozart-Fans war die Welt nach dem einmal wirklich furiosen Molto Allegro zum Schluss dann ohnehin in Ordnung. Sie dürfen sich aufs nächste Jahr freuen: Da leitet Ticciati bei der Mozartwoche das Chamber Orchestra of Europe.