Die tönenede Bilanz von Jahrzehnten
MOZARTWOCHE / WIENER PHILHARMONIKER / ÁDÁM FISCHER
06/02/17 Ádám Fischer hat die vorletzte Sinfonie in Es-Dur Hob I:103 schon vor dreißig Jahren in Eisenstadt, im Haydnsaal von Schloss Esterházy, mit der Österreichisch-Ungarischen Haydn-Philharmonie musiziert. In diesem Orchester tummelten sich damals auch heutige Mitglieder der Philharmoniker, wie der Konzertmeister Rainer Küchl.
Von Horst Reischenböck
Fischer kennt diese Musiker gleichsam „von der Pike auf“, da er schließlich schon seit Jahrzehnten auch immer wieder in der Staatsoper vor ihnen steht. Nicht weniger gut kennt er „seinen“ Haydn, wie im letzten der drei „Philharmonischen“ bei der Mozartwoche (wo das Orchester seit 1956 ständiger Gast ist) diesmal wieder rundum erfreulich zu erleben war,. Auch wenn Fischer den namensgebenden Paukenwirbel zu Beginn des Kopfsatzes einfach nur aus dem Fortissimo heraus abebben ließ. Andere Interpreten machten daraus ein An- und Abschwellen, Ivor Bolton und Nikolaus Harnoncourt, (dieser übrigens noch 2009 zusammen mit den Wienern), verlangten dem Spieler in dieser Intrada sogar einer mehrere Sekunden lang rhythmisch differenzierte Kadenz ab. Mit Harnoncourt verbindet Fischer übrigens optisch eine körperlich bis in letzte Fasern engagierte Zeichengebung. Mit boxerischen Gesten impft er den Musikern Akzente bis ins Letzte ein, die sie, prächtig disponiert und blendend aufgelegt, an diesem Abend – mit Werken von Mozart und Haydn für sie quasi ein „Heimspiel“ – willig befolgten und umsetzten.
So die saftig satten Streicher zu Beginn der Andante-Variationen über das nachweislich aus dem heute slowakischen Galanta stammend kroatische Thema, gefolgt vom Konzertmeister in dem einst zur Uraufführung in London dem Virtuosen Giovanni Battista Viotti in die Geige komponierten Solo. Die vom gebürtigen Schweizer Flötisten Dieter Flury angeführten Holzbläser und nach strahlend leuchtendem Horneinsatz das exquisite Ausspielen aller kontrapunktischen Finessen im inspiriert quirligen Finale.
Unter Yannick Nézet-Séguin hatten die Wiener Philharmoniker dieser Tage die anderen beiden Werke der Mozarts symphonisches Werk abschließenden Trias gespielt, nun folgte auch noch die „Jupiter“-Sinfonie KV 551. Ádám Fischer ist bislang weltweit der einzige Dirigent, der sämtliche Symphonien Haydns wie auch jene von Mozart komplett aufgenommen hat. Da bedarf es keiner Bestätigung, wie intensiv sich der gebürtige Ungar mit dem Genius loci auseinander setzte. Fast schon überirdisch zart lässt Fischer den Einstieg ins Andante cantabile zelebrieren. Eigentlich atemberaubend, aber leider vom Auditorium danach postwendend mit Intensivhusten wie in einer Lungenheilanstalt quittiert. Fulminant zu guter Letzt auch das Aufschlüsseln der Stimmenverästelungen im Molto Allegro, aus denen taktweise Michael Haydns Fugato-Vorwegnahme in seiner ebenfalls in C-Dur stehenden Sinfonie Nr. 29 hervorblitzen.
Vor der Pause hatte der Brite Steven Isserlich sein Stradivari-Cello fast schüchtern zurückhaltend, dennoch nicht minder sonor virtuos in Joseph Haydns bekanntes D-Dur-Konzert Hob. VIIb:2 verinnerlicht. Stürmischem Beifall begegnete er im Gedenken an den zu Weihnachten verstorbenen Kollegen Heinrich Schiff, berührend mit einem katalanischen Lied des großen Vorgängers Pablo Casals.