Im musikalischen Leih-Frack
MOZARTWOCHE / WIENER PHILHARMONIKER
02/02/17 Schon ein großes Pech: Da hat die Verkühlung ausgerechnet nach Rolando Villazón gegriffen, den neu ernannten Mozart-Botschafter der Stiftung Mozarteum. Und das total kurzfristig. So ist das einzige Glamour-Konzert dieser Mozartwoche eben des Glamours verlustig gegangen. Und zwar gründlich.
Von Reinhard Kriechbaum
Es wäre schon mit Villazón, der vier Konzertarien Mozarts gesungen hätte, eine eher problematische Programmfolge gewesen. Vorne und hinten standen nämlich zwei Symphonien der finalen Trias Mozarts, jene in Es-Dur und die „große“ g-Moll-Symphonie. Ist Yannick Nézet-Séguin der Dirigent, der dazu am Pult der Wiener Philharmoniker quasi im Hauptabendprogramm der Mozartwoche etwas Essentielles zu sagen wüsste?
Weiß er nicht, aber er ist ein so wendiger wie kluger Kapellmeister. Er schlüpft einfach in die Garderobe, die ihm die Philharmoniker anbieten, und er trägt diesen musikalischen Leih-Frack mit Anmut. Das Anschau'n ist eine rechte Freude.
Ja eh, das Zuhören auch. Die Wiener Philharmoniker spielten ihren Mozart wieder mal als edlen Zeitvertreib, so routiniert wie wohltönend. Klanglich immer auf der eher breiten und damit sicheren Seite, ohne Tempo-Auffälligkeiten in die eine oder andere Richtung (was die langsamen Sätzen in beiden Symphonien, aber auch das Allegro-Finale im Es-Dur-Werk lketztlich doch etwas verschlafen hat wirken lassen).
Die Villazon-Absage kam so überraschend, dass man gerade noch Maria João Pires (die am Vortag bei der Mozartwoche gemeinsam mit der Camerata Salzburg unter Robin Ticciati das Klavierkonzert B-Dur KV 595 gespielt hatte) vom Flughafen zurückpfeifen konnte. Sie also spielte das Konzert in A-Dur KV 488, so souverän ruhig und auch nicht wenig tiefsinnig, dass man wenigstens für 35 Minuten herausgeholt worden ist aus der sonst sich breitmachenden Stimmung weltvergessener Belanglosigkeit. Und der umtriebige Yannick Nézet-Séguin – Chefdirigent des Philadelphia Orchestra, des Rotterdams Philharmonisch Orkest und des kanadischen Orchestre Métropolitain, Erster Gastdirigent des London Philharmonic Orchestra und ab 2020/21 Chef der Met in new York – hat auch da gezeigt, dass es ihm nicht an der Fähigkeit fehlt, auf Partner einzusteigen. So genau, wie er auf die Solistin hörte und ihre Ruhe auch weitergab, hätte das (wär's nicht spontanes Einspringen gewesen) durchaus noch mehr werden können.