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Erfischend jugendlich

MOZARTWOCHE / CAMERATA, FAZIL SAY

31/01/17 So aufregend und unterhaltsam, so voller Intelligenz und Witz kann also ein reines Haydn-Mozart-Programm sein. Dies geschieht, wenn der Erzmusikant Fazil Say am Flügel und eine lustvolle, motivierte Camerata Salzburg aufeinander treffen.

Von Gottfried Franz Kasparek

Nicht Say, sondern Konzertmeister Gregory Ahss leitete am Montag (30.1.) Abend im Großen Saal des Mozarteums die den Mozart-Teil umrahmenden Symphonien Joseph Haydns. Ahss ist ein animierender „Primus inter pares“, der mit Temperament und kluger Disposition das Geschehen ständig im Griff hat, selber mit edlem Geigenton erfreut und den funkelnden Geist dieser Musik nicht zu kurz kommen lässt. Die Blechchoräle im Kopfsatz der Es-Dur-Symphonie Nr. 22 mit dem nicht unpassenden Beinamen „Der Philosoph“ waren herrlich feierlich, aber nicht pathetisch, die energische Motorik im folgenden Presto des unkonventionellen Frühwerks zündeten unwiderstehlich. Auch ein Cembalo findet da noch seinen würdigen Platz.

Ebenso in der G-Dur-Symphonie Nr. 8. „Le Soir“. Das abendliche Finalstück des kostbaren „Tageszeiten“-Zyklus zeigt die überbordende Phantasie des jungen Haydn – und die ungebrochene Spiellust der Camerata. Sehr langsam, aber auch sehr pointiert wurde das Andante genommen. Im Trio des Menuetts kostete Josef Radauer das singuläre Kontrabass-Solo mit Geist und Gusto perfekt aus. „La Tempesta“, der Sturm des Finalsatzes, bildete einen grandiosen Kehraus.

Wer hat Mozarts „Pasticcio-Konzert“ in G-Dur KV 41 schon einmal live gehört? Diese Konzerte des 11jährigen sind ja keine Originalwerke, sondern Übungsstudien nach Sonatensätzen heute vergessener Meister des „Stils der Empfindsamkeit“ um 1760. Wo es bei Haydn schon stürmt und drängt, herrscht hier noch die Grazie des Rokoko. Die Ecksätze nach Leontzi Honauer, einem Organisten am Straßburger Münster, sind eher Dutzendware, aber was hat der Bub da draus gemacht – rasante Popmusik seiner Zeit! Und das Andante nach einer Sonate des gebürtigen Stralsunders und russischen Hofkapellmeisters Hermann Friedrich Raupach, der mit Mozart in Paris bekannt geworden war, hat überhaupt alle Qualitäten für eine erfolgreiche Wellness-CD. Zumal Fazil Say das mit einer frappierenden Selbstverständlichkeit und gehörig Schalk im Nacken spielt und den Ecksätzen zu improvisatorische Kadenzen beisteuert, die dem Stück wahre Glanzlichter an pianistischer Sensibilität aufsetzen, verbunden mit mitreißendem Drive.

Vor und nach der Pause musizierte Fazil Say mit der grandios mitgehenden Camerata die auch nur selten gespielten, schon originalen Klavierkonzerte D-Dur KV 175 und B-Dur KV 238. Was im ersten Stück noch mehr ein Versprechen ist, wird im zweiten schon zu einem in sich stimmigen jugendlichen Meisterwerk. Der Pianist holt alle Raffinessen aus dieser frisch perlenden Musik, schlägt Funken aus den Noten und verblüfft mit explosiven Läufen. Vor allem im KV 238 kommt es auch zu Ausflügen in schwermütigere Mollgefilde. Mit Says improvisatorisch-nachschöpferischem Zugang hätte Mozart wohl die größte Freude. Das liebt, atmet, pulsiert in jedem Takt. Und wieder sind es die Kadenzen, in denen der Phantasie und der Zeitlosigkeit freie Bahn gewährt wird. Großer Jubel, eine launig verspielte Zugabe – so soll Mozartwoche sein!

Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher
Zum Vorbericht Fazil Say / Mozartwoche Einer für alles

 

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