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Schöne Moderne, erfüllte Klassik

MOZARTWOCHE / JÖRG WIDMANN, QUATUOR DIOTIMA

31/01/17 Jörg Widmann und das Quatuor Diotima gastierten am Montag (30.1.) um 15 Uhr in der halbleeren Großen Aula. Zu viel neue Musik? Oder einfach eine schlechte Zeit? Vielleicht wäre der Solitär ein besserer, kleinerer Ort gewesen. Jedenfalls war es ein Konzert vom Feinsten.

Von Gottfried Franz Kasparek

Wenn Jörg Widmann Elliott Carters kurzes und virtuoses Solostück „Gru“ brillant und geistvoll spielt, dann ist dies keine verschreckende Avantgarde, sondern ein reines Vergnügen. „Gru“ heißt auf Polnisch Spiel und dieses Spiel ist dem Erfinder des aleatorischen Kontrapunkts, Witold Lutoslawski, gewidmet. Der hatte mit seinen „Venezianischen Spielen“ das Tor zu Neuem aufgestoßen. Zu Neuem, organisch aus der Tradition entwickelt. Warum steht eigentlich so selten Lutoslawski auf Salzburger Programmen?

Und wenn das Quatuor Diotima das Streichquartett „Ainsi la nuit“ von Henri Dutilleux interpretiert, dann ist dies moderne Klassik. Das Quatuor arbeitet alle überraschenden Strukturen, alle schillernden Klangfarbenspiele, alle wahrlich das Herz erwärmenden emotionalen Bögen dieser sensiblen Musik vollendet heraus. Ein weites Panorama der Gefühle und Atmosphären entsteht. Yun-Peng Zhao und Constance Ronzatti an der Geige, der Bratscher Franck Chevalier und der Cellist Pierre Morlet arbeiteten das espritvolle und manchmal auch leidenschaftliche Spiel mit ineinander verzahnten Formen und Motiven konsequent heraus. Ein Hörgenuss erster Klasse.

Ein solcher folgte auch nach der Pause. Mozarts Klarinettenquintett, laut Jörg Widmann ein „heiliges Stück“, sollte eigentlich schon für sich einen Saal füllen. Natürlich, man hört es immer wieder, aber es ist immer wieder neu, vor allem dann, wenn ein Klarinettist seinen Part nicht nur absolviert, nicht nur perfekt spielt, sondern gleichsam atmet. Besser, erfühlter, zwingender als Jörg Widmann kann man das nicht spielen. Im Larghetto schien die Zeit wundersam still zu stehen, im Finale mit seinem Ohrwurm-Thema wurde die Heiterkeit immer wieder durch im besten Sinne romantische Wehmut kontrastiert. Mag sein, dass das doch eher auf „Neue Musik“ konzentrierte Quatuor Diotima da mitunter ein wenig zu straff, zu geradlinig agierte – in anderen Momenten sorgte es für schönes instrumentales Singen. Man verließ die wenig gastliche Aula beglückt in Richtung nasskalter Dämmerung.

Hörfunkübertragung am 10. Februar, 19.30 Uhr, Ö1
Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher

 

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