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HINTERGRUND / BUCHHANDLUNG HÖLLRIGL

12/01/23 Dass die Salzburger Buchhandlung Höllrigl, aktenkundig seit 1598, die älteste Buchhandlung Österreichs ist, das dürfte historisch hieb- und stichfest sein. Ist sie aber die zweit- oder die drittälteste in Europa? Und darf man überhaupt etwas geben auf solche Reihungen?

Von Reinhard Kriechbaum

Für Wikipedia scheint die Sache ganz klar, aber was man dort unter „Älteste Buchhandlung“ serviert bekommt, lässt einen bibliophilen Salzburger Lokalpatrioten nur milde lächeln: Es sei die 1732 eröffnete Livraria Bertrand in Lissabon. Da bestand Höllrigl in der Sigmund-Haffner-Gasse schon 134 Jahre lang und hatte schon den vierten Besitzer...

Interessanter wird es schon, wenn man sich in England umschaut. Hatchards in der Einkaufsstraße Piccadilly gilt als die älteste Buchhandlung Londons, ist mit dem Gründungsjahr 1797 freilich auch ein biblio-merkantiler Jungspund. Aber da gibt es noch die Cambridge University Press, die auf das Jahr 1534 zurückgeht.

Da wird recht rasch klar, warum es problematisch ist, bis heute bestehende Buchhandlungen dem Alter nach zu reihen. Es gab ursprünglich keine Buchhandlungen im eigentlichen Sinn, die Druckereien verkauften ihre Erzeugnisse direkt. So war's auch mit der bis heute „hauseigenen“ Druckerei in der altehrwürdigen Universität Cambridge. Die bekam 1534 von Heinrich VIII. die Rechte zum Drucken von Büchern und ist damit nach dem Schweizer Schwabe Verlag in Basel (Gründung im Jahr 1488) der weltweit zweitälteste, ohne Unterbrechungen existierende Verlag. Hätte die Köselsche Buchhandlung in Kempten (Deutschland) nicht 2017 dicht gemacht, läge sie mit dem Gründungsdatum 1593 noch ein paar schlappe Jährchen vor Höllrigl.

Aber auch die aktuell zweitälteste ohne Unterbrechung bestehende Buchhandlung liegt noch zwei Jahre vor Höllrigl. Das ist die in Tübingen beheimatete, 1596 gegründete Osiandersche Buchhandlung. Auch das war ursprünglich eine Druckerei. Der Berufsstand des einzig auf Verkauf ausgerichteten Buchhändlers taucht erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts auf.

Für gewisse Rekorde eignen sich freilich auch viel jüngere Buchhandlungen, etwa die 1860 gegründete Morpurgo auf dem Narodni trg in Split. Angeblich hat sich kein Buchgeschäft so lange am selben Standort gehalten, nämlich bis 2017. Da kam auch für Morpurgo das Aus. Der Gründer Vid Morpurgo stammte aus aus einer wohlhabenden jüdischen Familie. Er war ein umtriebiger Händler. 1918 umfasste sein Netzwerk 406 Lieferanten aus 77 verschiedenen Städten, wie Prag, Graz, Berlin oder Kopenhagen.

Aber nun zurück zu Höllrigl. Konrad Kürner trat 1598 als Kürners Hof-Buchdrucker in Erscheinung. An den damaligen Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau erinnerte bis vor zwei Wochen in der Buchhandlung ein Gemälde mit seinem Wappen. Nun hat man es aber eilends abgehängt, weil aufgrund einiger Zeitungsberichte über Höllrigl anlässlich der Übernahme durch Morawa wurde das Bild zu sehr publik. Man will Diebe ja nicht anlocken.

Konrad Kürners erstes großes Druckwerk war das Proprium Sanctorum Ecclesiae Salisburgensis. Sein Sohn Gregor Kürner folgte ihm 1620 und druckte 1630 ein Geistliches Vergißmein nit. Sein Nachfolger wurde Christoph Katzenberger. Die Buchhandlung nannte sich nunKürners Hof- und akademische Buchhandlung.

Nach dem Tod von Katzenberger im Jahr 1653 folgte Johann Baptist Mayr von Mayregg (1633–1708), der dem Salzburger Buchdruck zu neuen Erfolgen verhalf. Hergestellt wurden die neuen Druckwerke in einer Presse, die dem Drucker von Fürsterzbischof Guidobald Graf Thun geschenkt worden war. Hier entstanden nun auch Missale und Choralbücher für den Salzburger Dom. Der Sohn Johann Joseph Mayr von Mayregg (1689–1724) übernahm nach dem Tod des Vaters die Druckerei. Dessen Witwe führte die Firma unter dem Namen Johann Joseph Mayrs seel. Erben weiter, bis diese 1775 als Strafe für ein Zensurvergehen zwangsweise verkauft werden musste, und zwar an das städtische Waisenhaus. Die Waisenhauspresse veröffentlichte 1784 das für die lokale Geschichtsforschung wichtige Werk Kleinmayers Juvavia.

1784 kaufte Franz Xaver Duyle (1743–1804) Druckerei und Buchhandlung und nannte sie Duyle'sche Buchhandlung. Diesen Namen behielt das Unternehmen über viele verschiedene Besitzer hinweg bis 1897. Hermann Kerber brachte kurzzeitig seinen Namen ein, verkaufte aber 1900 an Eduard Höllrigl (1861-1901), der schon im Hause gearbeitet hatte.

Höllrigl war nur anderthalb Jahre Chef, dann starb er. Der Name Höllrigl blieb – über die knapp sechzig Jahre, da Adolf Stierle sen. und Otto Spinnhirn die Geschäfte führten und auch dann, als Wilhelm Sotsas als Inhaber der Wilhelm Frick Buchhandlungskette den Laden weiterführte. Als Achtzigjähriger hat Sotsas nun den traditionellen Höllrigl an die Morawa Group übergeben.

Am Traditionsnamen wird man wohl auch fürderhin nicht rütteln. „Den einzigartigen Charakter der Buchhandlung zu erhalten und sanft in die Morawa Bücherwelt zu integrieren wird uns ein ganz wichtiges Anliegen sein“, sagt Morawa-Gesellschafter Wolfgang Rick.

Bilder: dpk-krie

 

 

 

 

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