Milchner, Petz und Isegrim
BUCHBESPRECHUNG / URFORELLE
03/05/19 Ausdrücke haben sie, die Fischkundler! Da ist von einem Milchner die Rede – unsereinem hilft in dem Fall nur Wikipedia weiter, oder das Buch Die Rückkehr der Urforelle von Gottlieb Eder.
Also: Milchner bezeichnet nicht, wie man als Laie annehmen wollte, ein Milchbubi mit Flossen, sondern einen männlichen, geschlechtsreifen Fisch. „Der Name bezieht sich auf das Sperma des Fisches, das in der Fischersprache aufgrund seines Aussehens als Milch bezeichnet wird“, belehrt uns Wikipedia.
Jener Beispiel-Fisch im neuen Buch aus dem Tauriska Verlag hört auf den Namen Fettflosse und ist ein Milchner vom Geschlecht der donaustämmigen Forellen. Er sammelt reichlich Erfahrung im Bruthaus und im Auswilderungsteich. Um ein Haar, pardon: um eine Schuppe hätte ein gefräßiger Gelbrandkäfer den Setzling erwischt. Als Jungfisch heißt es ja ständig auf der Hut sein vor Feinden. Sogar den Ringelnattern kommt frischer Fisch als Menüpunkt gelegen. Ausgesetzt in ein alpines Projektgewässer, muss der Salmonide seine lebensrettenden Erbanlagen beweisen.
Was Schutz und mediale Aufmerksamkeit betrifft, ist das Glück ungleich verteilt. Bartgeier zum Beispiel haben eine starke Lobby, auch Bären, wenn sie sich nicht gerade am Stock eines Imkers gütlich tun. Der Wolf ist für viele der Buhmann schlechthin, aber das bringt ihn wenigstens regelmäßig in die Schlagzeilen. Aber kein Fischschwanz kümmert sich um die heimischen Bachforellen. Diese „Urforellen“, zugeordnet der Danubischen Linie, sind den extremen Bedingungen im Gebirge bestens angepasst. Sie meistern die tiefen Temperaturen, die scharfe Strömung und nützen effektiv die Nahrungsketten. Es lohnt sich, diese Rarität und ihr Habitat zu schützen.
Die Sanierung von Speicherseen, die gesetzlich vorgeschriebenen Spülungen, Neuanlagen von Kleinkraftwerken und die Errichtung von Geschiebesperren bringen den Lebensraum der Fische ordentlich durcheinander. Auch wasserrechtliche Bescheide und vorgeschriebene Verdünnungsketten können scharfkantige Schwebstoffe nicht verhindern. Die empfindlichen Kiemen leiden, viele Fische verenden.
In Gottlieb Eders Buch Die Rückkehr der Urforelle – Wagnis Wildnis geht es aber auch um andere Wiederkehrer in unseren Regionen, Meister Petz und Isegrim (Bär und Wolf). Es liegt auf der Hand, dass ihnen das Auftauchen im Kulturland verübelt wird. Gerissene Schafe und geplünderte Bienenstöcke sind keine Fürsprecher für die Wiederansiedelung der Beutegreifer. Fakten, Beobachtungen und Fantasie vernetzen sich zu einer spannenden Geschichte über das Abenteuer Wildnis. (Tauriska/dpk-krie)
Gottlieb Eder, Die Rückkehr der Urforelle – Wagnis Wildnis. Verlag Tauriska, Neukirchen am Großvenediger 2019. 216 Seiten, 24,90 Euro – www.tauriska.at