Wir Meisterfilmer
HINTERGRUND / DIAGONALE / SALZBURGER PREISTRÄGER
03/04/17 Es wäre freilich entschieden zu viel Lokalpatriotismus, wenn man die vielen Erfolge bei der „Diagonale“ einem imaginären „Filmland Salzburg“ zuschreiben würde. Aber doch: sieben Auszeichnungen für Filme und Filmemacher, die zumindest hier geboren wurden und Subventionen vom Land bekommen haben für ihre Filme!
Von Reinhard Kriechbaum
Da der sagenhafte Erfolg für Salzburger Beiträge beim 20. Festival des österreichischen Films in Graz ja nicht der erste ist in diesem Forum, bedeutet das: Seit vielen Jahren herrscht für junge Filmemacher zwischen Kowi, Fachhochschule und Mozarteum ein anregendes cineastisches Klima. Gute Leute am Ort werden gute Filmemacher. Dass die meisten von ihnen längst anderswo ihren cineastischen Weg suchen versteht sich in einer so internationalen Branche von selbst.
Der erfolg heißt aber auch: Das Land bzw. die Kulturabteilung fördert die richtigen Filme. Man braucht sich im übrigen nur die Abspanne der Filme anzuschauen, um nachfühlen zu können: Filmemacher sind wahre Weltmeister im Subventionen-Haschen, müssen enorme Energie fürs Finanzieren ihrer oft
Der als besten österreichischer Kinospielfilm gekürte Streifen „Die Liebhaberin“ ist ja eigentlich ein argentinischer Film. Lukas Valenta Rinners zweiter abendfüllender Spielfilm sei „sowohl Gesellschaftsparabel als auch schwarze Komödie und beeindruckt mit seiner Mischung aus formaler Strenge und Humor“, so die Jury. Schon mit seinem Regieerstling „Parabellum“ hatte der schon lange in Argentinien lebende (und dort ausgebildete) Lukas Valenta Rinner bei der Diagonale 2015 den Preis für den besten Nachwuchsfilm bekommen. An „Die Liebhaberin“ ging auch der Diagonale-Preis Sounddesign, nämlich an Nahuel Palenque.
Von Ivette Löckers Porträt der eigenen Familie im Lungau, „Was uns bindet“, hatte die Jury einen deutlich besseren Eindruck als DrehPunktKultur in seiner Besprechung: Die in Berlin lebende Filmemacherin erhielt den Dokumentarfilm-Hauptpreis. Die Jury attestiert der Regisseurin „Witz, Humor und Mut im Beschreiben des eigenen Familiengeflechts“ und lobt den Film für das Eröffnen der „Möglichkeit, über das Konstrukt Familie im Allgemeinen nachzudenken.” Die beiden Großen Diagonale-Preise sind mit je 21.000 Euro dotiert.
Dass es ein Motiv aus einem „echten“ Salzburger Spielfilm – „Die beste aller Welten“ – aufs diesjährige Diagonale-Plakat gebracht hat, drängte sich angesichts des Erfolgs dieses Streifens bei der Berlinale vielleicht auf. Goiginger erzählt von seiner eigenen Jugend in Lehen, von einer sehr positiv erlebten Kindheit in schwierigem sozialen Umfeld (die Mutter war drogenabhängig). Diesem Film flogen die Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer zu, er erhielt in Graz den Publikumspreis. Es musste sogar wegen des Ansturms eine dritte Vorstellung eingeschoben werden. Verena Altenberger, Hauptdarstellerin in diesem Film, ist als Beste Schauspielerin gewürdigt worden für ihre „außerordentliche Hingabe und Furchtlosigkeit“, wie es im Jury-Statement heißt. Auch das „Beste Szenenbild Spielfilm“ ging an „Die beste aller Welten“, dafür wurde Veronika Merlin ausgezeichnet.
Mit dem „Franz Grabner Preis“ wird in Graz „ein im ethischen und moralischen Sinne verantwortungsvoller und glaubwürdiger Umgang der Filmschaffenden mit ihrem Medium“ gewürdigt. Diese Auszeichnung ging an den Dokumentarfilm „Unten“, entstanden in Co-Regie von Djordje Čenić und dem Salzburger Hermann Peseckas. Die Jury dazu: „'Unten' erzählt vom Fremdsein und den Versuchen dazuzugehören, von Klassengegensätzen und dem Alltag einer jugoslawischen Arbeiterfamilie in Linz, von der Tragik der Kriege in Ex-Jugoslawien verbunden mit der Familiengeschichte, von politischen und persönlichen Zerrissenheiten.“ Besonders gelobt werden „die offene und lockere Erzählweise von 'Unten', das scheinbar mühelose Verweben von subjektiv Erlebtem und historischen Fakten, das Aufgreifen und Bewältigen einer komplizierten Thematik, die in dieser Weise noch kaum behandelt wurde und die persönliche Suche und Konfrontation, an der das Publikum teilnehmen darf“.