Liebe, Arbeit, Flucht
FILMPROJEKT / SALZBURG – GLOBALES LAND
18/10/16 Italienisches Eis im Tennengau? Das bekommt man seit bald zwanzig Jahren in Hallein bei Luigi Grava und seiner Tochter Ilaria. Der Eissalon „Gigi Gelati“ ist ein Beispiel für gelungene Integration und Thema für eine Dokumentarfilmreihe im Rahmen von Salzburg 20.16.
Luigi Grava kommt aus einem kleinen Bergdorf im Norden Italiens. Hier hat die Eisherstellung Tradition. In den 1960er Jahren machte sich der damals 15jährige Luigi auf den Weg nach Deutschland, um in verschiedenen Eisdielen die Kunst des Eismachens weiter zu verfeinern. 1998 eröffnete er in Hallein seinen Eissalon „Gigi Gelati“. Luigi und seine Tochter Ilaria, die das Geschäft inzwischen übernommen hat, erzählen in dem Film „Luigi & Ilaria Grava – GelatOK!“ von ihrer Liebe zum Eis und von einem Leben knapp um den Gefrierpunkt. Heute Dienstag (18.10., 19.30 Uhr) ist der Film von Holger Faby, Hermann Peseckas und Eva Rothenwänder im Stadtkino Hallein zu sehen.
Es ist einer von sechs etwa halbstündigen Dokumentarfilmen zum Projekt „Salzburg – Globales Land“: Porträtiert werden Salzburgerinnen und Salzburger mit Migrationshintergrund, man kann sie in ihrem Alltagsleben kennen lernen und erfährt etwas über ihr Selbstverständnis. Dieses Dokumentarfilm-Projekt von Studio West Independent Film im Jubiläumsjahr „200 Jahre Salzburg bei Österreich“ wurde von der Salzburg 20.16 GmbH maßgeblich unterstützt. Mit dem Filmabend heute in Hallein beginnt die Präsentationsreihe in den Bezirken.
Carmen aus Österreich und Kumara haben sich auf einem Strand von Sri Lanka kennen und bald lieben gelernt. Es blieb nicht beim Urlaubsflirt und beim Skypen. Kumara und Carmen leben heute zusammen mit ihrer Tochter Selina in Tamsweg im Lungau, sie sind glücklich verheiratet und planen dort ihre gemeinsame Zukunft. Im Film erzählen sie auch, wie sie gegen die Windmühlen der Bürokratie und für ihre Beziehung kämpfen mussten.
In Teheran ist Pupak Bodjo zur Welt gekommen. Flucht, Verlust, Fremdsein, Ankunft in Österreich, zähe Arbeit an ihrem Lebenstraum, einem eigenen Frisiersalon: Pupak Bodjo hat eine reiche Lebensgeschichte. Vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingsdiskussion regt Pupaks Offenheit und Eloquenz zum Nachdenken über Heimat, kulturelle Vielfalt und Vorurteile an. Pupak lebt mit ihrem Mann Gabor und ihrem Sohn Gabriel in Neumarkt am Wallersee.
Kurdische Wurzeln hat Orhan, der in St. Johann im Pongau lebt. In den Pinzgau hat es vor fünf Jahren Alex Frederickson verschlagen, nach Neukirchen am Großvenediger. Sie ist in Yorkshire, einer ehemaligen Bergbauregion in England, als Kind einer Österreicherin und eines Deutschen aufgewachsen. In der Schule musste sie sich von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern als Nazi beschimpfen lassen. Der Rassismus bewog sie, ihre Heimat zu verlassen. Bei einem Mountainbike-Urlaub kam sie auf den Pinzgau. Ihren Lebensunterhalt verdient Alex Frederickson heute als Schriftstellerin und mit Englischunterricht. Privat engagiert sie sich als Unterstützerin einer Gruppe von Flüchtlingen in Neukirchen.
Woran die Filmreihe „Salzburg – Globales Land“ auch erinnern möchte: Stadt und Land Salzburg wurden über die Jahrzehnte von Migrationsbewegungen berührt. In den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg war Salzburg für zigtausende Menschen Zwischen- oder auch Endstation einer Odyssee. Viele brachen von hier aus in alle Welt auf, um eine neue Heimat zu finden. Viele sind aber auch geblieben und inzwischen zu Einheimischen, also zu „echten Salzburgern“, geworden. Ihre einst „fremde Herkunft“ spielt längst keine Rolle mehr, sagen die Projektverantwortlichen von Studio West.
Im Wirtschaftsboom der Nachkriegszeit folgten die Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter: zuerst aus der Türkei, dann aus dem früheren Jugoslawien. Etwa 20.000 Menschen aus diesen Ländern arbeiten heute in Stadt und Land Salzburg – viele von ihnen schon in der zweiten und dritten Generation. Der gewaltsame Zerfall Jugoslawiens führte zur ersten großen Welle von Kriegsflüchtlingen; kaum eine Salzburger Familie aus Ex-Jugoslawien, die davon nicht persönlich betroffen war. Es folgten Kriegsflüchtlinge aus Tschetschenien, aus Afghanistan, aus dem Irak, in großer Zahl nun aus Syrien...
Doch es gibt auch erfreulichere Gründe für Menschen aus aller Welt nach Salzburg zu ziehen: sei es, dass sie der Liebe folgen, sei es, um zu studieren oder eine Ausbildung anzufangen, sei es, um einen Job anzutreten oder das Glück mit einem eigenen Geschäft oder Lokal zu versuchen.