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Eine Instanz als Chor-Chef der Festspiele

TODESFALL / WALTER HAGEN-GROLL

06/11/18 Dass er bis zuletzt in Salzburg gelebt, aber eigentlich niemand davon Notiz genommen hat: Das entspricht vielleicht dem Naturell des Chor-Pädagogen Walter Hagen-Groll, der dieser Tage hier im Alter von 91 Jahren gestorben ist.

Von Reinhard Kriechbaum

Eine gewisse Zurückhaltung muss man ja mitbringen als Chorleiter im Opern-Genre. Es heißt im Programmheft (und meistens dann auch in den Besprechungen) bloß: Einstudierung... Wikipedia stellt, wie zur Bestätigung, über den doch zu den Namhaftesten seiner Zunft rechnenden Walter Hagen-Groll fest, es seien „nur wenige biografische Details bekannt“.

Was sein Wirken in Salzburg betrifft, kann das Archiv der Festspiele zur Erhellung beitragen, schließlich wirkte Walter Hagen-Groll hier von 1962 bis 1988 als Chordirektor: Im ersten Jahr beispielsweise hat er die Chöre für Karl Böhm (Cosi fan tutte und Idomeneo) sowie für Istvan Kertesz (Entführung aus dem Serail) einstudiert.

Im Jahr darauf folgte Der Rosenkavalier für Herbert von Karajan, mit dem Walter Hagen-Groll eine langjährige Weggemeinschaft verbinden sollte. Quasi im „Hauptberuf“ war Hagen-Groll ja Chordirektor an der Deutschen Oper Berlin. Als 34jähriger hat der 1927 in Chemnitz geborene Musiker dieses Amt übernommen. „Fast ein Vierteljahrhundert lang leitete Hagen-Groll nicht nur diesen damals größten Opernchor Europas, sondern machte aus den 120 Sängern und Sängerinnen ein Kollektiv, das mit seinem Ausdrucksspektrum die Möglichkeiten eines Opernchores erweiterte und damit den Chor als gleichberechtigten Partner von Sänger und Orchester etablierte“, heißt es im Nachruf der Deutschen Oper Berlin. „Es dürfte immer noch eine Ausnahme sein, dass der Name des Chordirektors genannt wird, wenn es darum geht, die Verantwortlichen für den Ruf eines großen Opernhauses auszumachen. Im Falle von Walter Hagen-Groll war es jedoch selbstverständlich, dass sein Name im gleichen Atemzug mit den Chefdirigenten und Intendanten genannt wurde, die der in der Zeit nach 1961 zu weltweitem Ansehen verhalfen.“

Als Hagen-Groll zum Ehrenmitglied dieses Hauses ernannt wurde, formulierte er es so: Er habe „aus dem größten Opernchor Europas auch den besten machen“ wollen. Sieht man die Diskografie an, dann ist ihm das gelungen. Über achtzig Aufnahmen mit Dirigenten wie Karajan, Böhm und Sinopoli sind gelistet. Sehr wichtig, so Hagen-Groll, seien ihm stets die Opern des 20. Jahrhunderts gewesen. „21 habe ich einstudiert, davon elf Uraufführungen.“ Da waren zum Beispiel 1966 in Salzburg Hans Werner Henzes Bassariden dabei und 1986 Die schwarze Maske von Krzysztof Penderecki.

In Salzburg arbeitete Walter Hagen-Groll stets mit der Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor zusammen, die ihm 1987 die Clemens-Krauss-Medaille verlieh. 1984 wechselte er für zwei Jahre von Berlin an die Wiener Staatsoper, danach hatte er dort einen Gastvertrag. Ab 1986 leitete er die Chordirigentenklasse an der Universität Mozarteum.

Bild: Archiv der Salzburger Festspiele / Felicitas Timpe

 

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