Eisstand für Anstand
HINTERGRUND / PROTEST
19/05/23 Eben erst hieß es Salzburg ist am Kochen, ein (wie man auf Neudeutsch sagt) Get-together von Menschen, die aus guten Gründen allergrößte Vorbehalte gegen eine Koalition von ÖVP und FPÖ haben. Für kommenden Mittwoch (24.4.) hat die ARGEkultur einen Eisstand für Anstand angesagt.
Von Reinhard Kriechbaum
Wir wollen stark hoffen, dass das gemeinsame Eisessen nicht zum Abkühlen der Gemüter führt. Für die politische Gegenseite legt man mit der Eiskugel jedenfalls den Ball für einen Elfmeter bereit. Die Sache ist natürlich ganz anders gemeint. Mit einer schwarz-blauen Landesregierung könnte einiges auf dem Spiel stehen, „nicht zuletzt auch kulturpolitische Errungenschaften der letzten Jahre“, schreibt Sebastian Linz, Leiter der ARGEkultur. Dort wird am Mittwoch ab 17.30 Uhr der Eisstand für Anstand aufgestellt. Die Köche von jüngst aus der Bergstraße sind auch dabei. „Wir wollen „trotz aller Sorgen humorvolles und buntes Zeichen setzen“, so Sebastian Linz. Das Angebot an Eissorten dürfte überschaubar sein, denn die Leute sind eingeladen „mit Eiskugeln alternative Koalitionsoptionen zusammenstellen“.
Es gibt Live-Musik, unter anderem mit Magic Delphin, „und zum Abschluss jodeln alle unter professioneller Anleitung gemeinsam für ein solidarisches Salzburg“. Dieses Polit-Jodeln darf man auch keinesfalls missverstehen: Sollte man, wie in Niederösterreich, auch in Salzburg das Herz für bodenständige Wirtshauskultur entdecken, könnten dort ja auch Menschen auf die Idee kommen, zu Jodeln. Das wäre aber ein ganz anderes Statement als jenes am Mittwoch vor der ARGEkultur im Nonntal.
Bemerkenswert zur Zeit ist, vor allem die Kultur-Menschen Schulter an Schulter mobil machen gegen die dräuende Koalition, regional und überregional. Das Personenkomitee Keine Koalition mit der FPÖ hat zweihundert Kunst- und Kulturschaffende mobilisiert, die den Abbruch der Koalitionsverhandlungen fordern, von Burgtheaterdirektor Martin Kušej bis zum Philosophen Franz Schuh. Viele prominente Autorinnen und Autoren sind dabei, Michael Köhlmeier, Monika Helfer, Barbara Frischmuth, Paulus Hochgatterer, Marlene Steeruwitz oder die aktuelle Staatspreisträgerin für Literatur Anna Baar. Die Schauspieler Erwin Steinhauer („Die Toten von Salzburg“) und Gregor Seberg („SOKO Donau“, „SOKO Wien“) sind prädestiniert, die kennen sich als TV-Kommissare mit Schurkereien aus.
Das Personenkomitee Keine Koalition mit der FPÖ stößt sich nicht zuletzt an Wilfried Haslauers Hoffnung auf ein „Salzburger Klima des Respekts und der Wertschätzung“ auch innerhalb der FPÖ. „Die am Vorabend der aufgenommenen Regierungsverhandlungen in Salzburg gehaltenen 1. Mai-Reden in Linz von Herbert Kickl und des OÖ-Landeshauptmannstellvertreters Manfred Haimbuchner lassen keine solche Einschätzung zu, dass es um gepflegte oder ungepflegte Ausdrucksweisen geht. Es geht um politische Radikalisierung.“
Einige mahnende Stimmen aus der Salzburger Kulturszene: Birgit Birnbacher, Harald Friedl, Karl-Markus Gauß, Christoph Janacs, Ludwig Laher, Karl Müller, Petra Nagenkögel, Klemens Renoldner, Barbara Stasta, Anton Thuswaldner, weiters Alf Altendorf (FS1, Radiofabrik), Hans Peter Graß (Friedensbüro) oder Siegfried Trenker (KZ-Verband Salzburg).