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„Salzburg ist ein wunderschönes Land“

KULTURPOLITIK / LANDTAGSWAHL

09/03/23 Es ist ja immer wieder bemerkenswert: Der Kultur wird (theoretisch) höchster Stellenwert in der Eigendefinition Salzburgs eingeräumt. In Wahlzeiten ist von ihr aber so gut wie gar nicht die Rede, auch nicht jetzt, da in sechs Wochen eine Landtagswahl bevor steht. Bei einem Kulturfrühstück in der ARGEkultur machte man sie heute Donnerstag (9.3.) zum Thema.

Von Reinhard Kriechbaum

Da saßen sie also, die Kultur-Vertreter der Parteien in verantwortlicher oder höchst unverantwortlicher Position. Martina Berthold hat von Heinrich Schellhorn nicht nur dem Landeshauptmann-Stellvertreter-Sessel übernommen, sondern auch die Funktion der Kultur-Landesrätin. Dank der guten Arbeit ihres Vorgängers konnte sie viel Positives in der Arbeit der letzten Jahre ins Treffen führen, vom Kulturentwicklungsplan bis zu Fair pay. Auch wenn sie in Sachen Kultur noch ein eher unbeschriebenes Blatt ist, zeigte Martina Berthold sich als Politik-Profi und hat unter anderem sehr direkt die Misere angesprochen, dass im Moment sowohl das Mozart-Kinderorchester der Stiftung als auch das Landesjugendorchester Sendepause haben. „Das geht nicht in einem Land wie Salzburg, da müssen wir schnell in die Gänge kommen.“ Die Förderung der Kinder- und Jugendkultur habe durch Corona gelitten, räumte Berthold ein. Die Baukultur im Land will sie weiter befördern.

Der zweite echte Profi in der Runde ist Brigitta Pallauf. Sie hat das Talent, auf so gut wie jede Frage eine Antwort in Art einer kleinen Sonntagsrede zu geben. Natürlich wurde sie darauf angesprochen, dass für Großprojekt Geld genug da ist, wogegen die freie Kultur um jeden Groschen kämpfen muss. Die großen, langfristigen Projekte – Stichworte Festspielbezirk, Museen – würden auch künftig „mit viel Ziel und Herzblut verfolgt“ (woran ohnedies niemand zweifelt). „Das Geld sitzt auch da nicht locker“, versuchte sie die vermeintliche Schieflage zur freien Kultur zu kalmieren. Martina Berthold will „genau hinschauen, damit Preiserhöhungen für Großprojekte nicht die Ressourcen für die Kleinen auffressen“.

Leider haben wir es versäumt, eine Strichliste zu führen, wie oft Andreas Schöppl das Wort „Freiheit“ hinausposaunt hat. Darunter versteht er vor allem, dass unter FPÖ-Führung Kulturveranstaltungen in Corona-Zeiten sehr wohl hätten stattfinden können. Für die Freiheit der Kunst ist er sowieso, ohne zu sagen, was genau er darunter versteht. Die Zeit war zu knapp bemessen, um ernsthaft zu diskutieren – aber Leo Fellinger vom Emailwerk Seekirchen ist zuletzt dem selbsternannten Freiheits-Kulturkämpfer doch in die Parade gefahren und Martina Berthold hat in Richtung Schöppls spitz angemerkt: „Freiheit für Kultur heißt auch, dass sie nicht gefallen muss.“

Das war in dieser Statement-Sammlung schon beinah eine kecke Aussage, denn es gaben ja sowieso alle vor, für alles zu sein: Für Fair pay ebenso wie für die Zweckbindung der Landesabgabe, die an den ORF-Gebühren dranhängt (da hielt sich Schöppl raus). Die allseits versicherte treuherzige Einigkeit ging so weit, dass Martina Berthold mit einer gewissen bitteren Ironie feststellte: „Alle sind dafür, also wird es in den nächsten Budgetverhandlungen ganz leicht werden.“

Schön, wenn sich dann einer zu Wort meldet wie Kay-Michael Dankl, der Landessprecher KPÖ PLUS. Er war der einzige in der Runde, dem erstens die Kultur wirklich ein Anliegen ist und der über konstruktive Vorschläge nachdenkt. Schade, dass gerade er sicherlich nicht in die Gelegenheit kommen wird, seine Ideen nach der Wahl umzusetzen. Dankl hakte ein bei den Leerständen, verwies auf die fast fünfzig Künstlerräumlichkeiten im Personalhaus des Landesklinikums und folgerte daraus: „Leute mit coolen Ideen gäbe es genug.“ Man solle eben die SUPER-Initiative (die sich um die Zwischennutzung von Leerständen für die Kultur bemüht) ausweiten. Die Landespolitik will er in die Pflicht genommen wissen, weil durchs neue Dienstleistungszentrum beim Bahnhof viele Immobilien „in bester Lage“ frei würden. Kultur-Nutzung statt sie Häuser zu verscherbeln, ein aparter Gedanke.

Dankl wünscht sich weniger Bürokratie in der Kulturförderung, was vor allem kleinen Initiativen zugute käme. Er will die Bibliotheken im Land gestärkt wissen und er fragt: „Warum gibt es in Salzburg eigentlich seit Jahren keine neuen Stadtteil-Zentren?“

Für die SPÖ war deren Landesvorsitzender David Egger da. Er will die Leerstands-Nutzung aufs Land ausweiten, das Land solle also entsprechend Druck auf die Bürgermeister ausüben. Dankl und Egger treffen sich in ihrer Sorge um die Leistbarkeit des Lebens in Salzburg für Kulturschaffende.

Sebastian Huber von den NEOS reklamierte einige Kultur-Akzente der vergangenen Jahre für seine Partei, etwa die Initiative „Orte der Erinnerung“ oder die Einrichtung der Artothek. Die Absetzbarkeit von Kultur-Spenden sei den NEOS ein Anliegen, eine Valorisierung der Förderung für Kultureinrichtungen ebenso. Was zumindest eine Diskussion erfordert hätte: Huber will mehr Klarheit bei den Förderungen, sprach von einer „Kennzahl“ für Kulturschaffende, „damit man wirklich sieht, wer was bekommt“. Das Stirnrunzeln im Saal war greifbar.

Zu Fair Pay ist Michael Schöppl von der FPÖ eingefallen: „Salzburg ist ein wunderschönes Land. Wir diskutieren über Facetten und Nuancen.“ So einfach stellt sich die Sache an den Biertischen dar.

Die Diskussion wurde live von Radiofabrik und FS1 übertragen
Bilder: Filmstills von der Übertragung auf FS1

 

 

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