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Schulmief und andere Gerüche

HINTERGRUND / ARCHITEKTURTAGE

09/06/22 Warum ist auf dem Plakat der Architekturtage 2022 auch ein Porträt von Kaiserin Maria Theresia zu sehen? Sie war diejenige, die mit ihrer Allgemeinen Schulordnung von 1774 die Schulpflicht für die Kinder aus allen Bevölkerungsschichten eingeführt hat. Ein Schelm, der argwöhnt, seit damals sei eigentlich nichts weitergegangen...

Von Reinhard Kriechbaum

Stimmt natürlich so nicht. Das kann bei den Architekturtagen 2022 österreichweit und natürlich auch in Salzburg in vielen vielen Veranstaltungen nachprüfen. Aber der legendäre „Schulmief“ (kennt man das Wort und seinen Grund in der jüngeren Generation eigentlich noch?) hat sich natürlich auch in mancher Schul-Architektur niedergeschlagen. Wie man Schulen baute, spiegelte auch unmittelbar den Zeitgeist. Der ist deutlich greifbar im Borromäum (1913) und seiner historistisch-neobarocken Anmutung. Wie sonst hätte Salzburgs Kirche ihre künftigen Priesteranwärter einstimmen sollen auf die Institution? Auch die Volksschule Bischofshofen, drei Jahre vor dem Borromäum entstanden, ist auf ihre Weise ein Bau der Zeit. Paul Geppert der Ältere war ein Vertreter des Heimatschutzstils, in dem sich schon ganz der Ungeist des künftigen Nationalsozialismus anbahnt. Geppert war übrigens ab 1922 Obmann-Stellvertreter des Antisemitenbundes, eine politisch mehr als zwielichtige Figur also.

Blenden wir lieber aufs Land: Jeder Salzburger hat in der Schule von Franz Xaver Gruber und der Volksschule Arnsdorf gehört – es ist die älteste nach wie vor „in Betrieb“ befindliche Volksschule des Bundeslandes. Derzeit wird sie zweiklassig geführt.

Über die Geschichte des Schulbaus in Salzburg hat die Initiative Architektur einen Film gedreht, den man auch auf Youtube anschauen kann. Dem Thema gilt aber auch die Ausstellung BILDUNGStRÄUME, die heute Donnerstag (8.6.) im Architekturhaus in der Sinnhubstraße eröffnet wird. Sie ist in Kooperation mit der Universität Mozarteum entstanden. Die im Architekturhaus dokumentierte Genese ausgewählter Bildungsbauten in Salzburg seit der Einführung der allgemeinen Unterrichtspflicht zeigt Kontinuität und Wandel. Studierende des Departements für Bühnengestaltung haben bei der Gestaltung Hand angelegt.

Für die Architekturtage, Österreichs größte Publikumsveranstaltung für Architektur und Baukultur, hat man, nicht zuletzt auf Grund der Corona-Ungewissheiten, jüngst ein neues Konzept erdacht. Die österreichischen Architekturhäuser führen ein ganzes Jahr lang digitale und analoge Projekte zu einem Generalthema durch – seit Juni 2021 geht es eben um das Verhältnis zwischen Architektur und Bildung. Dieser Schwerpunkt findet am Freitag und Samstag (10./11. Juni) in konzentrierter Form seinen Abschluss. Mit dem Schwerpunkt Architektur und Bildung fokussieren die Architekturtage auf ein hochaktuelles Thema: Wie kann Architektur das Lernen und Lehren bestmöglich unterstützen? Wie müssen Lernorte in einer zunehmend digital ausgerichteten Welt gestaltet sein?

Im Rahmen der Architekturtage 2022 bietet Kunst- und Architekturführerin Gabi Freischlager eine Stadtführung zu historischen Schulen und Lernräumen in Salzburg an. Sie beginnt im Schulgebäude der Franziskanerinnen / BAFEP, wo man die Heiligen-Geist-Kapelle besichtigen kann, einen versteckten Schatz der österreichischen Architektur-Avantgarde der 1960er Jahre. St. Andrä-Schule, das Alte Borromäum und Collegium Virgilianum, das Gymnasium bzw./Alte Studiengebäude Universität Salzburg, die Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Salzburg/Ehem. Staatsgewerbeschule am Rudolfskai, das Borromäum und schließlich das Bildungshaus St. Virgil sind weitere Stationen.

Architekturtage Finale: 10. und 11. Juni
Das Programm in Salzburg und österreichweit
Ausstellung BILDUNGStRÄUME im Rahmen der Architekturtage, Eröffnung heute Donnerstag (9.6.) um 18.30 Uhr im Architekturhaus Salzburg. Bis 5. August
Der Youtube-Film Eine kleine Geschichte des Bildungsbaus in Salzburg
Bilder: Filmstills

 

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