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… da würden alle davonlaufen...

HINTERGRUND / NEUJAHRSKONZERTE

23/12/21 „Die Situation ist – ich will nicht sagen zum Verzweifeln – aber schon ein wenig frustrierend.“ Das sagt Thomas Heißbauer von der Kulturvereinigung. Elisabeth Fuchs von der Philharmonie Salzburg ist nur froh, dass sie ihr Neujahrskonzert mit großem Chor „aus Eigenverantwortung“ schon im November auf kommenden April verschoben hat.

Von Heidemarie Klabacher

Wieder einmal ist alles anders und dies so kurzfristig wie nur möglich. Diesmal scheinen die Verantwortungsträger für alle Betroffenen – sei es in Kultur oder Gastronomie und Tourismus – den maximalen Kollateralschaden nicht nur nicht vermeiden, sondern geradezu anstreben zu wollen. „Maßnahmen“, die kein verantwortungsvoll Mitdenkender in Frage stellen würde, vergrämen langsam auch die Wohlmeinenden.

„Unsere Sorge galt den Jänner-Konzerten“, sagt Thomas Heißbauer, der künstlerische Leiter der Salzburger Kulturvereinigung auf Nachfrage des DrehPunktKultur. „Wir haben gehofft, dass wir über Silvester noch durchkommen.“ Nun sei man von den Vorgaben „vollkommen überrascht“ worden. Wie übrigens auch, ergänzt Heißbauer, „Kulturinstitutionen in Wien, die im Informationsfluss viel näher an der Quelle liegen“.

Ganz konkret heißen die aktuellen Vorgaben für die Termine der Kulturvereinigung: Das Silvesterkonzert Zell am See mit der Philharmonie Salzburg unter Elisabeth Fuchs am 31. Dezember um 17 Uhr im Ferry Porsche Congress Center kann nun bestensfalls fünfhundert (statt achthundert) Zuhörer finden. Das Neujahrskonzert 2022 der Kulturvereinigung mit den Würth Philharmonikern unter der Leitung von Claudio Vandelli mit dem Klaviersolisten Lars Vogt findet auf Basis von 2G+ vor tausend Personen im Großen Festspielhaus statt. Dabei sei diese Variante genau das, „was wir nicht wollten“, sagt Thomas Heißbauer. „Wir mussten abwägen, was ist die kleinste geringste Unbill.“ Mit nur fünfhundert „Zugelassenen“ entscheidet der Veranstalter, wer kommen darf, „mit tausend entscheidet immerhin das Publikum selber“.

Die Kulturvereinigung und das Salzburger Landestheater hätten sich übringens telefonisch abgesprochen, berichtet der Kulturvereinigungsleiter: „Auch das große Silvesterkonzert des Landestheaters am 31. Dezember um 19 Uhr findet mit diesem Besucherlimit im Großen Festspielhaus statt.“ Er, so Heißbauer, und Intendant Carl Philip von Maldeghem hätten es so akkordiert, „dass wir im Festspielhaus gleich laufen“. Die drei Termine der Kulturvereinigung mit dem Ballaststofforchester finden vor fünfhundert Personen in der SZENE Salzburg statt: „Das geht.“

„Am meisten trifft uns das mit dem Neujahrskonzert.“ Zuvor sei der Kartenverkauf ja total stagniert, „weil niemand wusste, was passieren wird“, schildert Heißbauer. Das Gastspiel des Basque National Orchestra unter Robert Trevino mit dem Harfensolisten Xavier de Maistre Mitte Dezember wurde abgesagt, weil es „bis zum Schluss keine verbindlichen Auskünfte“ gegeben habe „und obwohl wir dann doch hätten spielen können“. Die Aussicht auf Silvester- und Neujahrskonzerte hätten den Verkauf wieder angekurbelt: „Wir waren wirklich sehr zuversichtlich.“ Und jetzt ist wieder alles anders.

„Es ist absurd.“ Elisabeth Fuchs schildert die Lage. „Für Veranstalter heißt das Ganze wahnsinnig viele Stornos einen Tag vor Weihnachten, wo man nur mehr im Büro zusammen räumen wollte.“ Viele als Weihnachtsgeschenke gekaufte Konzertkarten verlören die Gültigkeit. Sie sei, so Elisabeth Fuchs, „entsetzt über das Nicht-Nachdenken“ im Zuge der jüngsten Vorgaben. „Man kann Corona, man kann diese Pandemie, nicht mehr wegmachen. Man kann nur versuchen, damit zu leben.“ Fuchs denkt an das Gesundheitspersonal: Wenn sie als Musik-Managerin so mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Büro oder im Orchester umgehen würde, „würden alle davon laufen“.

Erst am vergangenen Wochenende habe die Philharmonie Salzburg in sieben Konzerten für 3500 Menschen gespielt. „Die Leute, die waren so dankbar!“ Dankbar waren auch viele „Daheimgebliebene“, etwa Ungeimpfte, die nicht ins Konzert gehen konnten: „Wir bleiben dabei“, erklärt Elisabeth Fuchs. Sie spiele weiterhin in der Großen Aula vor fünfhundert Personen (und verzichte damit bewusst auf die volle Auslastung von 564 möglichen Plätzen): „2G+ ist für uns nicht durchführbar. Wir haben für die Kontrolle nicht die Infrastruktur.“ Beibehalten werde für die Dauer der Pandemie die Übertragung der Konzerte für Daheimgebliebene. „Wir übertragen jedes Konzert aus der Großen Aula.“ Dabei werde es sich künftig nicht mehr um reine Live-Streams handeln, „wir verbessern die Qualität und stellen die Aufnahme des jeweils ersten Konzertes auf Youtube“. Das Angebot sei kostenlos, wie bisher schon für alle die eine Karte haben und künftig auch für alle, die sich kostenlos online registrieren lassen.

Ihr großes Neujahrskonzert Anfang Jänner im Großen Festspielhaus habe sich schon im November abgesagt und auf 23. April verschoben. Vor allen „Maßnahmen“: Es ist ein Konzert mit Orchester, Ensemble und großem Chor. „Wir hätten proben dürfen, weil es ein Chor mit Profistatus ist. Aber mir war das bei den Infektionszahlen im November zu gefährlich“, erklärt Elisabeth Fuchs, nicht nur eine gelernte Vollblutmusikerin, sondern auch eine studierte Mathematikerin: „Man konnte sich die Wahrscheinlichkeit ausrechnen.“

Ergänzt um 17 Uhr: Das Silvesterkonzert der Camerata Salzburg am 31. Dezember findet laut Website um 18 Uhr in der Großen Aula statt. Ebenso, programmgleich und in der Großen Aula , das Neujahrskonzert am 2. Jänner um 11 Uhr.

Bilder: KV / Leopold; LT; PhS / Erika Mayer
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