Alarmsystem flatternd
HINTERGRUND / SCHMETTERLINGE
04/05/21 „Früher einmal“, als wir alle noch Kinder waren, waren sie beinah selbstverständlich. Heutzutage bricht man in „Ah, wie schön“ und „Oh, schau einmal“ aus, wenn einer vorbeiflattert. Ein Zitronenfalter oder ein Admrial oder sonst ein Schmetterling, wie der besonders gefährdete Perlmuttfalter Boloria eunomia.
Von Heidemarie Klabacher
„Die Intensivierung der Landwirtschaft und die Aufgabe von extensiv genutzten Flächen führt zum Verschwinden von artenreichen Lebensräumen und damit zum Rückgang von Insekten“ heißt es, sehr richtig beobachtet, in einer aktuellen Studie der Paris-Lodron Universität Salzburg in Kooperation mit dem Haus der Natur Salzburg: „Schmetterlinge reagieren besonders sensibel auf Umweltveränderungen und spiegeln somit den Zustand ihrer - und unserer Umwelt wieder.“
Sogar die Wissenschaft wird poetisch: „Schmetterlinge sind Sinnbild für Verwandlung, für das Entstehen und Vergehen. Schmetterlinge sind kurzlebig und fragil“, um dann ganz sachlich zu betonen: „Viele Schmetterlingsarten benötigen ganz bestimmte Lebensräume und fressen als Raupen an speziellen Pflanzen. Sie reagieren daher äußerst sensibel auf Umweltveränderungen.“ Sie seien „optimale Indikatoren für Änderungen und schleichende Zerstörung artenreicher Lebensräume“.
„Schmetterlinge sind ein Spiegel des Zustandes unserer Landschaft“, so die Studienautoren.
Leider gehe es zahlreichen Schmetterlingsarten in Österreich, wie auch in den überwiegenden Teilen Europas, nicht besonders gut. Ihre Bestände seien über die letzten Jahrzehnte um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Gut die Hälfte aller Tagfalter im Salzburger Land befinden sich in einem kritischen „Erhaltungszustand“ (lädierte Flügel?, Anm.). Ein Drittel der Tagfalterarten sei im Alpenvorland und im Salzburger Becken nicht mehr zu finden.
Dieser negative Trend wurde in einer aktuellen Studie von Wissenschaftlern um Jan Christian Habel, von der zoologischen Evolutionsbiologie der Universität Salzburg, in Zusammenarbeit mit dem Haus der Natur für das Salzburger Land bestätigt. „In dieser Studie wurde die Schmetterlingsfauna und die jeweilige Landnutzung über die letzten vierzig Jahre für das gesamte Bundesland analysiert, erklären die Autoren ihre Arbeit. Die Vielfalt der Schmetterlinge sei besonders in den tieferen Lagen über die letzten vierzig Jahre drastisch zurückgegangen, während es den Faltern in den höheren Lagen noch vergleichsweise gut gehe.
Die Erklärung liegt auf der Hand: „Das Flachland ist besonders stark von Zersiedlung und landwirtschaftlicher Intensivierung betroffen. In den höheren Lagen, wo die Hänge sehr steil sind und somit eine landwirtschaftliche Intensivierung nicht möglich ist, sind die Bestände der meisten Schmetterlingsarten noch relativ stabil.“
Neben der Intensivierung führe aber auch die Nutzungsaufgabe von ehemals extensiv bewirtschafteten Flächen zu einem Rückgang der Artenvielfalt. Will heißen: Es „Verbuschen“ die artenreichen Lebensräume und das ehemals vielfältige Mosaik aus Wiesen und Wald verschwinde.
„Um Biodiversität zu erhalten, ist der Schutz artenreicher Lebensräume die Voraussetzung“, betont Jan Christian Habel. Die Sicherung von einzelnen kleinen Naturschutzgebieten reiche dazu keineswegs aus. Für einen effizienten Biodiversitätsschutz müsse die ganze Landschaft betrachtet werden, „da Arten wie Schmetterlinge nur in intakten Netzwerken und über die Grenzen einzelner Lebensrauminseln hinaus langfristig überleben können“. Die Experten betonen: „Schmetterlinge reagieren sensibel auf Umweltveränderungen und sind ein Frühwarnsystem für den Zustand ihrer Lebensräume – und der Landschaft, in der wir leben.“
Die Studie: Habel JC, Teucher M, Gros P, Schmitt T und Ulrich W: Land use and climate change affects butterfly diversity across northern Austria. Landscape Ecology. Springer Verlag 2021 - nachzulesen unter - link.springer.com
Foto: Jan Habel (1); dpk-klaba (2)