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Gefahr für ein Viertel von Salzburgs alten Häusern

HINTERGRUND / TERRA COGNITA STUDIE

21/04/20 Im Kontrollausschuss der Stadt Salzburg wurde dieser Tage wieder einmal über die „Terra Cognita“-Studie diskutiert. Sie listet 1159 Gebäude auf. Die Bürgerliste fordert zu deren Schutz die Errichtung eines Fonds. Auch das ist ein altes, aber von SPÖ und ÖVP nicht mitgetragenes Anliegen.

Von Reinhard Kriechbaum

Die Gebäude wurden in den Jahren 2015/16 von der Salzburger Raumplanungsfirma „Terra Cognita“ stadtweit erfasst, digitalisiert und in eine Liste aufgenommen. Das Kontrollamt bestätigte eine sehr kostengünstige Auftragserfüllung mit hohem Praxiswert durch die Weiterverwendungsmöglichkeit der digitalen Ergebnisse.

In der Studie wird vorgeschlagen, ca. 300 Gebäude aus dem Erhaltungsgebot zu entlassen. Immerhin geht es um ein Viertel der alten Bausubstanz auf Stadtgebiet. Darüber ist gleich nach Veröffentlichung 2018 eine heftige Diskussion entbrannt. Fachleute kritisierten unter anderem völlig ungeeignete Kriterien zur Beurteilung der Erhaltenswürdigkeit, die dem kulturhistorischen Wert der Gebäude nicht gerecht würden. In einer Stellungnahme der initiative Um-Bau-Kultur hieß es damals, eine Umsetzung hinterließe „verbrannte Erde“.

Es geht nicht um Bauwerke innerhalb der Altstadt-Schutzzone, sondern um solche in anderen Stadtteilen. Im Bild beispielsweise eine hübsche kleine Villa mit Hauskapelle an der Adresse Lieferinger Hauptstraße 20. In der Studie wird sie als nicht schutzwürdig eingestuft.

„Diese Studie enthält eine brauchbare Auflistung aller Gebäude in der Stadt Salzburg, die mit einem Erhaltungsgebot belegt sind. Nicht mehr und nicht weniger“, stellt Ingeborg Haller, Klubobfrau der Bürgerliste und Mitglied des Kontrollausschusses, klar. Für die Bürgerliste/DIE GRÜNEN stellt sie lediglich eine Diskussionsgrundlage dar. Eine Entlassung der Häuser aus dem Erhaltungsgebot, wie in der Studie vorgeschlagen, sei für die Bürgerliste keine Option. „Vielmehr sollten wir endlich eine konstruktive Diskussion – jenseits der Frage der Bewertungsmethode und wer recht oder unrecht hat – darüber führen, wie wir die schützenwürdigen Häuser außerhalb der Altstadt erhalten können und wie ein wirksamer Schutz aussieht“, so Haller.

Die Bestimmung des § 59 ROG (Raumordnungsgesetz) sieht vor, dass charakteristische Bauten in den Bebauungsplänen mit einem Erhaltungsgebot belegt werden können, wenn sie prägend für das Orts- oder Stadtbild und für das Stadtgefüge von besonderer Bedeutung sind. Solche Gebäude dürfen nur dann abgerissen werden, wenn die Instandhaltung wirtschaftlich nicht mehr vertretbar ist. In der Praxis hat sich allerdings herausgestellt, dass das Erhaltungsgebot weitgehend zahnlos ist. In den meisten Fällen musste auf Grund des schlechten Gebäudezustandes in der Vergangenheit immer wieder über Antrag des Grundeigentümers vom Planungsausschuss eine Abbruchbewilligung erteilt werden.

„Die Einrichtung eines Fonds in Höhe von zumindest 500.000 Euro zur Förderung der Erhaltung und Pflege der Bausubstanz nach dem Vorbild des Altstadterhaltungsfonds ist das einzige effektive Mittel, um die erhaltungswürdigen Gebäude vor dem Abbruch zu bewahren“, ist die Klubobfrau der Bürgerliste/DIE GRÜNEN überzeugt. „Ein solcher Fonds würde gerade auch in Zeiten der Corona-Krise die heimische Bauwirtschaft und das Handwerk beleben“, meint Ingeborg Haller. Anstelle die erhaltungswürdigen Gebäude verkommen zu lassen, um sie dann abzureißen, könnten mit einem Fonds Anreize zur Restaurierung geschaffen und dadurch die heimische Bauwirtschaft und das Handwerk angekurbelt werden.

Bild: Initiative Architektur/terra cognita
Zwei Stellungnahmen aus dem Jahr 2018:
Baukultur heißt auch Wertschätzung
Radikale Schrumpfkur für den Althausbestand

 

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