Wie es den Freien wohl wirklich geht
HINTERGRUND / IG KULTUR / DATENERHEBUNG
26/03/20 Der Schaden der gegenwärtigen Corona-Pandämie und die Folgewirkungen auf die freie Kulturszene sind kaum abschätzbar. Um eine erste Datenbasis zu schaffen, haben die Interessenvertretungen der freien Kulturarbeit eine Erhebung initiiert und rufen zur Teilnahme auf.
Niemand kann derzeit abschätzen, ob – und wenn ja wie lange – die aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung von Covid-19 verlängert werden müssen. Der Proben- und Veranstaltungsbetrieb steht also bis auf weiteres still. Was sich jetzt deutlich zeige, sind die Versäumnisse der vorangegangenen Jahre, solide Instrumentarien zur Besserung der prekären Arbeitssituation in der freien Kulturszene zu schaffen, sagt Yvonne Gimpel, die Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich.
Dieser Dachverband hat nicht die Künstlerinnen und Künstler selbst im Blick, sondern jene, die Kultur veranstalten und organisieren, als Einzelpersonen, in Vereinen oder anderen Organisationsformen. Es geht also quasi um die freien Impresarii der freien Schaffenden. In Zeiten wie diesen möchte man das Wort frei durch vogelfrei, also ungeschützt ersetzen.
Für die freie Kulturszene und ihre vielen gemeinnützigen Trägerorganisationen bedeutet die gegenwärtige Lage eine äußert prekäre Arbeitssituation, massive wirtschaftliche Schwierigkeiten bis zur Existenzbedrohung.
Kaum ein gemeinnütziger Kulturverein verfügt über Rücklagen (bzw. darf diese aufgrund rechtlicher Bestimmungen auch nur bedingt bilden), auf die nun angesichts der Totalausfälle bei den Einnahmen zurückgegriffen werden könnte. Die Haftung für den Verein übernehmen die (ehrenamtlich agierenden) Vorstandsmitglieder und zwar als Privatpersonen. Droht Zahlungsunfähigkeit, sehen sich viele Kunst- und Kulturvereine gezwungen, die Notbremse zu ziehen, Kündigungen auszusprechen, Mietverträge aufzulösen, Insolvenz anzumelden. „Bricht diese Vielfalt gemeinnütziger Kulturträgerinnen und Kulturträger weg, droht das kulturelle Leben Österreichs nachhaltig Schaden zu nehmen“, so Yvonne Gimpel.
Um das Ausmaß des finanziellen Schadens und die Konsequenzen der Covid-19-Maßnahmen auf die freie Kulturszene abschätzen zu können, hat die IG Kultur Österreich gemeinsam mit den Landesorganisationen der freien Kulturarbeit also nun eine Erhebung gestartet. Die Daten sollen eine erste Grundlage bilden, um monetäre Hilfsmittel bemessen und die Wirksamkeit der Unterstützungsmaßnahmen bewerten zu können.
Bislang gab es weder österreichweite Daten über die Leistungen, die die freie Kulturszene und zahlreichen Kulturinitiativen erbringen (bzw. normalerweise erbringen würden), noch Daten zur Situation der Kulturarbeiterinnen und Kulturarbeiter. Kulturinitiativen würden von der Statistik Austria nicht erfasst.
„Was die aktuell beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung zur Unterstützung der freien Kulturszene jedoch sehr deutlich zum Vorschein bringen, sind die bisherigen Leer- und Schwachstellen im Sicherungsnetz. Diese müssen nun in einem gemeinsamen Kraftakt in aller Schnelle geschlossen werden. Dass die Bundesregierung trotz der Herausforderungen der Covid19-Krise insgesamt auch auf Belange der Kulturszene eingeht, begrüßen und unterstützen wir.“
Seit Jahren weisen die Interessenvertretungen der freien Kulturarbeit auf den Reformbedarf des Künstlersozialversicherungs-Fonds hin. Hilfe in Notsituationen (die auch bislang gewährt wurde) soll nun „rasch und unbürokratisch“ erfolgen und neben Künstlern auch Kulturvermittlern zugute kommen. Das sei ein wichtiger erster Schritt, „auch wenn weiterhin sehr viele Berufsgruppen, die das Kunst- und Kulturleben am Laufen halten, ausgeschlossen sind.“ Erstmals findet auch der Begriff der „Non-Profit-Organisationen“ Eingang in das österreichische Recht. Gemeinnützige Organisationen sollen in wirtschaftlichen Notsituationen durch den geplanten Härtefallfonds Unterstützung erhalten – „ein bemerkenswertes Novum“, so die Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich. (IG Kultur/dpk)