Kiebitz, halt's Maul!
STICH-WORT
26/05/17 Kiebitze sind beim Kartenspielen gar nicht gern gesehen, und das Wort Kiberer empfinden Polizisten auch nicht gerade als Kompliment. Aber auch die Kiebitze selbst haben es nicht so gern, wenn Menschen kiebitzen. Vor allem nicht jetzt, in der Brutzeit.
Von Reinhard Kriechbaum
„Im Frühjahr und Frühsommer ist in den verschiedenen Salzburger Schutzgebieten die sensibelste Zeit des Jahres“, meldet die Landeskorrespondenz. Es ist die Brutsaison für viele seltene Vogelarten wie etwa Brachvogel, Kiebitz und Flussregenpfeifer.
An den Seen im Flachgau befinden sich mehrere hochrangige Schutzgebiete, wie zum Beispiel das Natur- und Europaschutzgebiet Wenger Moor, das Naturschutzgebiet Trumerseen oder das Naturschutzgebiet Fuschlsee. In den Verlandungszonen der Seen – also den Gewässerzonen, die mit organischem Material aufgefüllt wurden – findet man ausgedehnte Feuchtwiesen und Niedermoore, in denen seltene Arten wie der Große Brachvogel oder die Bekassine brüten. Besonders wichtig ist hier die Einhaltung des Wegegebotes und der Leinenpflicht für Hunde. „Nähert sich ein Mensch oder ein Hund den Nestern in den Wiesenflächen, fliegen die Altvögel auf und versuchen ihr Nest zu verteidigen. Das kostet die Eltern viel Energie und setzt die Jungvögel in einem so kalten und nassen Frühjahr wie heuer Kälte oder Fressfeinden wie dem Fuchs aus.“
Im Naturschutzgebiet Blinklingmoos am Wolfgangsee besteht zum Schutz des Schilfgürtels und der darin brütenden Vögel ein Badeverbot. Im Europaschutzgebiet Tauglgries darf das Flussbett im zentralen Bereich von 1. April bis 31. Juli zum Schutz der dort brütenden Vögel, wie etwa des Flussregenpfeifers, nicht betreten werden. Im Natur- und Europaschutzgebiet Zeller See sind die Verlandungszonen und ausgedehnten Feuchtwiesenflächen am Südufer des Sees ein wichtiger Brutplatz für Wiesenbrüter und zugleich Rastplatz für Zugvögel am Weg über den Tauernhauptkamm. Die gefährdeten Zugvogelarten benötigen vor und nach der kräfteraubenden Alpenquerung ungestörte Rastplätze.
Aber uns interessiert jetzt doch, wie das ist mit dem Kiebitzen und dem Kiebitz. Sein Name selbst ist ein Schallwort, entstanden aus dem Warnruf der Regenpfeifer (im Bild ein heimischer Flußregenpfeifer). Sprachwissenschafter vermuten hinter dem „Kiebitzen“, also dem neugierigen Beobachten, nicht eine Eigenart des Vogels, sondern ein Wort aus dem „Rotwelschen“, also aus der Sprache der Fahrenden und Gauner. Die haben's möglicherweise aus dem Jiddischen abgeleitet, aber das ist nur eine Mutmaßung. Jedenfalls: Kiewisch, Chippesch, Gippesch, Kippesch nannten die Umherzieher, wenn ihnen die Obrigkeit unangenehm genau auf die Finger und in die Taschen schaute. Das österreichische Wort Kiberer hat da seine Wurzel. Sogar die Gesundheitsuntersuchung für Prostituierte wurde als „Kiewisch“ empfunden, die Kieberei reichte also bis zur Leibesvisitation. Mitte des 19. Jahrhunderts waren Kiebitze die Zuschauer beim Schachspiel, und bald wurde das Wort auch für jene verwendet, die beim Kartenspielen tunlich das Maul halten sollten.