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Hände falten, Gosch‘n halten…

GASTKOMMENTAR

Von Barbara Wicha

23/08/15 …so jedenfalls klingt der ausdrückliche „Unterlassungsauftrag“ des Künstlerischen Leiters der Salzburger Festspiele an die Künstler (und wohl auch an die Künstlerinnen) und seine „Entschuldigung“ an „alle Zuschauer“ wegen der „Störung der Inszenierung“. Nicht zu vergessen das merkwürdige Statement von Jedermann Cornelius Obonya. Es gäbe ja andere Foren, sich politisch zu äußern. Aber bitte nicht eine Festspielbühne…

Als Friedrich Schiller 1784 von einer Schaubühne sprach, „die der großen Klasse von Toren den Spiegel vorhält und die tausendfachen Formen derselben mit heilsamem Spott beschämt“, wurde das seinem Enthusiasmus zugeschrieben.

Auch für das Intonieren der „Internationale“ als politisches Statement gibt es ein prominentes Beispiel. Als Arturo Toscanini im Jahr 1943 in den USA ein Verdi-Konzert mit dem NBC Symphony Orchestra und dem Tenor Jan Peerce dirigierte, hat er die von Verdi zur Weltausstellung 1862 komponierte „Inno delle Nazioni“ verändert. In Verdis Partitur sollte das Werk nach der englischen, französischen und italienischen Hymne mit dem „Gloria“ enden. Doch Toscanini, der vom faschistischen Italien zur Emigration gezwungen wurde, hat den Schluss eigenmächtig geändert: In eigener Instrumentierung ergänzte er den Schluss der „Inno delle Nazioni“ durch die Hymne der Sowjetunion, der Internationale, und die US-Hymne. Damit wollte er die Alliierten zum gemeinsamen Vorgehen gegen Hitler-Deutschland vereinen (außerdem hat er den Text der italienischen Hymne von „o Italia, o patria mia“ in „o Italia, o patria mia tradita“, mein verratenes Vaterland, geändert). Wie die Dokumentaraufnahmen zeigen, sang Toscanini in voller Überzeugung mit.

Wenn die paar Takte der „Internationalen“ bei der Jedermann-Aufführung durch die Anwesenheit der FPÖ-Granden ausgelöst wurden, die unverhohlen mit fremdenfeindlichen Parolen auf Stimmenfang gehen, dann halte ich das für ein legitimes politisches Statement. Vielleicht ebenso naiv-enthusiastisch wie Schiller, vielleicht ebenso spontan und engagiert wie Toscanini.
Anstatt den Künstlerinnen und Künstlern durch die „Festspielleitung“ einen Maulkorb zu verpassen, sollte man sich an die Wortspenden bei der Festspieleröffnung erinnern. Statt sich beim Festspielpublikum für Störungen zu entschuldigen, wären die menschenverachtenden Zustände in Flüchtlingsquartieren ein Anlass, sich bei jenen zu entschuldigen und sich für sie einzusetzen, die von einer unfähigen Verwaltung und Politik im Stich gelassen werden und keine Lobby haben. Statt sich von den Künstlerinnen und Künstlern zu distanzieren, wäre eine deutliche Distanzierung von geschürter Fremdenfeindlichkeit, von Mauern und Zäunen angebracht – zumal die Festspiele von Internationalität leben. Kunst ereignet sich nicht im politikfreien Raum – also wären von den MeinungsbildnerInnen auch klare Worte gefragt gegen das unwürdige Hin- und Herschieben zwischen Gemeinden, Ländern und Bund und gegen das billige Ausreden auf „Europa“. In diesem Europa sind 28 VertreterInnen von 28 EU-Ländern für das Nicht-Handeln und für die Nicht-Politik verantwortlich, darunter bekanntlich auch die österreichischen.
Statt „Meinungskundgebungen“ zu untersagen, könnte sich die Festspielleitung an den Statements – verbal und spontan non-verbal - ihrer Künstlerinnen und Künstler ein Beispiel nehmen. Allerdings mag das die „Inszenierung“ (und womöglich den Zufluss von Geldern durch Sponsoren oder der öffentlichen Hand) stören. Also vielleicht doch besser und bequemer: Hände falten….

Ao. Univ.Prof. Barbara Wicha war Politikwissenschafterin an der Universität Salzburg und Vorsitzende des Salzburger Landeskulturbeirats.
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