Kreuzfahrt in stillen Wassern
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
06/11/14 Auf die Nachricht, dass es nun wieder ein Programmbuch gebe mit dem Festspielprogramm (und nicht wie zuletzt unter Pereira vier überformatige Magazin-Hefte), haben die Freunde der Festspiele mit Beifall reagiert, berichtet Präsidentin Helga Rabl-Stadler.
Wie das Festspielprogramm des Sommers 2015 aufgenommen worden ist im Insider-Kreis, das dieser traditionellerweise immer schon am Vorabend der Pressekonferenz aufgetischt bekommt? Natürlich mit dem zu erwartenden Wohlwollen. Das Programm ist nun also quasi offiziell heraußen, nachdem es auf der Festspiel-Homepage dieser Tage irrtümlich ein wenig zu früh freigeschaltet wurde.
Ein Frühstart, ein kleiner Schönheitsfehler – aber nebbich: Es ist völlig egal, ob man das alles ein paar Tage früher oder später erfährt. Pressiert nicht. Es wäre auch ein Wunder, würde sich während eines Intendanten-Interregnums ein ebensolches ereignen. Die kommenden beiden Jahre sind eben eine solche Zeit, in der das Kultur-Kreuzfahrtschiff vor allem stabil auf Kurs gehalten wird. Die Wettervorhersage ist gut (dafür sorgen auch die leicht erhöhten, die über lange Jahre aufgelaufenen Inflationsverluste ein klein wenig kompensierenden Subventionen). Weil zugleich die Zahl der Premieren deutlich zurückgefahren wurde, ist kaum mit Seegang zu rechnen. Die allabendlichen Anlegemanöver zum An-Bord-Nehmen der Gäste wird klaglos funktionieren. Schließlich kennen sich alle mit der Navigation hinlänglich aus. Und sie wissen auch, was an Bord sein muss, um den Gästen ihren Aufenthalt so angenehm wie nur möglich zu machen.
Künstlerische Visionen, Langzeitperspektiven? Völlig falsche Zeit, danach zu fragen. Das Fernrohr bleibt derzeit im Etui, der Sextant sowieso. Nicht, dass man ganz auf System Autopilot führe: Den „Rosenkavalier“ wiederaufzunehmen und den „Troubadour“ – das war in Pereiras ursprünglicher Planung absolut nicht vorgesehen. Dass es gelungen ist, zeugt erstens davon, dass es doch eine gewisse Flexibilität gibt auf den Terminlisten der Künstlerinnen und Künstler. Zweitens signalisiert es, dass die Festspiele gut angeschrieben sind bei ihnen. Für Salzburg krempelt man schon mal seine Sommerpläne um. Eigentlich ein gutes Zeichen.
Also: Kunst-Business as usual, auf eine Art, wie man es in den achtziger Jahren noch für ganz normal gehalten hat. Damals gab es auch nicht mehr Neuproduktionen, und das Sprechtheater war damals genau so nachrangig in der Wertigkeit wie jetzt wieder.
Kreuzfahrtsschiff eben. Jedes Jahr wieder ordentlich herausgeputzt, Bordwände frisch gestrichen, kulinarische Buffets vorbereitet – ein rundum wohl geregelter Betrieb. Das Gros des Publikums mag das eh genau so und nicht anders. Es pfeift auf Adventure. Seine Abenteuerlust ist mit gelegentlichen Notfalls-Übungen (Rihm, Brecht mit Weill-Paraphrase) absolut gedeckt.
Das Programmbuch statt der vier Hefte - es ist wirklich die mit Beifall zu bedenkende Neuigkeit des Tages. Sie war online noch nicht abzusehen.