Festspiele der Publikumsherzen
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
30/08/13 „Einen Riecher für das, was die Menschen sehen wollen – nicht den Riecher für die Presse.“ Was Alexander Pereira seinem Schauspieldirektor und Nachfolger ab 2015, Sven-Eric Bechtolf, in der Abschlusspressekonferenz der Festspiele bescheinigte, gilt natürlich auch für ihn selbst.
Politiker reden manchmal etwas ungeschickt von „den Menschen draußen“. Hier muss man also bestätigen: An den Menschen wurde nicht vorbei produziert. Sie waren „drinnen“, in den Festspielhäusern, in der Felsenreitschule, auf der Pernerinsel, und sonst überall, wo man dicht auf dicht festspielte. Mit 286.301 erreichte man die höchste Besucherzahl bisher, mit über 29 Millionen Euro die höchsten Karteneinnahmen in der Festspielgeschichte, mit über 2,4 Millionen Mehreinnahmen (gegenüber der Budgetierung) an den Kassen sogar ein höheres Spontan-Plus als im Mozartjahr 2006. Zum Drüberstreuen: 93 Prozent Auslastung ist auch mehr als je zuvor.
Pereira hat wieder genau das gemacht, wofür ihn das Kuratorium eigentlich nach Salzburg geholt hat. Daran muss man schon erinnern, bevor man das eine oder andere „Aber“ anbringt. Einen Festspielchef wollte man haben, der in großen Dimensionen zu disponieren versteht. Einen, der Geld, viel Geld einzuspielen weiß. Einen, der nicht auf Konfrontation aus ist, auf Provokation schon gar nicht. Also einen, der das Publikum nicht irritiert mit zu viel Moderne oder gar harschen Inhalten.
All das hat man bekommen. Alexander Pereira hat nie mit gezinkten Karten gespielt, er hat niemandem etwas vorgemacht, am allerwenigsten dem Kuratorium, das ihn berief. Er hat sogar eindeutig gesagt, dass prosperierende Festspiele, wie er sie sich vorstellt, mehr Investitionen brauchen. Im neoliberalen Wirtschaftsleben wird das von Politikern übrigens im Regelfall widerspruchslos akzeptiert.
Die Festspiele unter Pereiras Leitung sind also genau jene, die man erwarten durfte. Es fehlte nicht an sängerischen Highlights, nicht an lohnenden Konzerten, nicht an Qualität und – wie man sieht – nicht an Publikumsakzeptanz.
Die Kritik bewegt sich auf anderer Ebene: Ob das komprimierte Einsetzen von „Blockbustern“ auf Dauer wohl durchzuhalten ist, ob man sich mit der Überfülle an Kalorienbomben nicht langfristig den Magen verdirbt – das sind wirtschaftliche Fragen. Und künstlerisch/inhaltlich: Ob nicht auch Festspiel-Kunst kritische Anfragen an die Gesellschaft stellen sollte: Darüber denken nicht nur die bösen Journalisten nach, sondern schon auch so mancher der „Menschen“.