asdf
 

Bäreninnen und Löwinnen!

GLOSSE

Von Reinhard Kriechbaum

16/02/22 Ein offenbar brennendes Thema ist in der Filmbranche aufgepoppt: Man stößt sich daran, dass bei vielen, vielen Wettbewerben Preise für „beste Schauspieler“ und „beste Schauspielerinnen“ vergeben werden. Nicht nur bei Filmen ist das so, auch bei Theaterpreisen sind das ja sehr übliche Kategorien.

Es scheint in der aktuellen Debatte gar nicht sosehr um „m/w/d“ zu gehen, sondern eher um die Quotenfrage. Auf den Bühnen und wohl auch auf den Leinwänden gibt es ja, das ist statistisch nachprüfbar, eine Überzahl an Männerrollen. Wir haben nachgezählt: Gegen Schillers vierzehn Räuber – lauter g'standene Mannsbilder, darunter Franz, eine echte Canaille – richten die dort ultra-unterrepräsentierten Stichwortbringerinnen rein gar nichts aus. Selbst in Maria Stuart, wo sich immerhin zwei Königinnen bekämpfen, hat jede bloß eine Amme bzw. Kammerfrau. Vier Frauen stehen also fünfzehn intrigante Höflinge entgegen. Auch kein Prozentsatz, der uns einigermaßen optimistisch stimmen könnte in Sachen Geschlechtergerechtigkeit.

In Wallensteins Lager wollen wir gleich gar nicht anfangen mit dem Köpfezählen. Bevor uns nun aber jemand der Polemik zeiht: Auch Tschechows Drei Schwestern haben es mit einem Umfeld von acht Männern zu tun. Es braucht offenbar schon Allegorie-Optionen wie im Jedermann, wo man den Dicken und den Dünnen Vetter zwar nicht gut umgendern kann, aber wenigstens bei Glaube, Guten Werken, neuerdings sogar bei Gottvater und Teufel Positives im Sinne des Feminismus bewirken kann. Auf einen weiblichen Mammon warten wir übrigens noch. Dagegen spricht derzeit noch der nur in Mini-Schritten zu verrückende Gender Pay Day.

Man erkennt jedenfalls eine strukturelle Benachteiligung von Frauen auf Bühnen und Leinwänden aufgrund des geringeren Angebots an Rollen. Eigentlich begünstigt das – rein statistisch gesehen – die Option, es einmal zur „besten Schauspielsrin“, wenigstens zur „besten weiblichen Nebendarstellerin“ zu bringen. Trotzdem ist die Diskussion in der Filmbranche aufgeflammt. Bei der Berlinale hat man auch schon regiert. „Beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle“ heißt's dort beispielsweise, und dieser Bär wird völlig unabhängig vom Geschlecht vergeben.

Ein bisserl irritiert es uns, dass es nach wie vor ausgerechnet ein Bär sein muss. Auch aus Venedig verlautet noch nichts von einer Löwin. Die Diskussion um die ultimative Gendergeschlechtigkeit scheint erst irgendwo auf halber Strecke unterwegs zu sein.

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014