Klorollen und Germ ins Museum!
STICH-WORT
25/03/20 Gar nicht so wenige Wissenschaften leben davon, dass die Menschen nicht gescheit genug sind, die wirklich relevanten Dinge ihrer jeweiligen Gegenwart zu erkennen. Historiker können ein Lied davon singen. Das eigentlich Wesentliche wird weggeworfen.
Von Reinhard Kriechbaum
So kommt es, dass wir zwar in den Museen tolle Federkronen von irgendwelchen Königen bewundern können, aber herzlich wenig vom Alltag, schon gar nicht von den Lebensnöten der jeweiligen indigenen Völker wissen. Aber wir brauchen gar nicht so weit schweifen. Auch wir selbst können so manches Ding, das sich am Dachboden oder im Keller findet, nicht mehr einordnen.
Was ist eigentlich aus den vielen Petroleumlampen geworden, die der Schreiber dieser Zeilen als Kindergartenkind noch gesehen hat? Wozu waren sie gut, elektrischer Strom war doch schon erfunden! Ach ja, in den Toiletten gab's im großelterlichen Haus noch in den 1960er Jahren keine Heizkörper. Wintersüber flackerten die Petroleumlampen, damit die Häusl-Temperatur nicht unter null Grad sank und die Wasserspülung nicht einfror.
So weit sind wir, trotz Corona, noch lange nicht. Aber es ist eine charmante Idee im Wien Museum, um „Objekte aus dem Leben in Zeiten von Corona“ zu bitten.
„Wie wird man in den kommenden Jahren, Jahrzehnten und Jahrhunderten auf diese Zeit zurückblicken?“, heißt es in dem Aufruf. „Schicken Sie uns per E-Mail Fotos von Objekten, die Ihren Alltag in Wien in Zeiten von Corona dokumentieren. Der Zettel zur Nachbarschaftshilfe im Stiegenhaus, der online ersteigerte Mundschutz, das Corona-Tagebuch – jedes Objekt, das heute Ihren Alltag in Wien bestimmt, ist willkommen.“
Vorerst geht es ums (digitale) Sichten, aber: „Digitale Formate kommen und gehen – Objekte überdauern.“ Nun werden mal die Fotos von „Dingen, die Ihren neuen privaten oder beruflichen Alltag in Zeiten von Corona begleiten“ gesammelt und gesichtet. In einem nächsten Schritt soll eine Auswahl der vorgeschlagenen Objekte in die Sammlung der Stadt Wien übernommen werden, heißt es.
Klopapier der gängigen Marken wird nicht fehlen.Auch Firmennamen und Verpackungen von Germ gehörten der Nachwelt bewahrt, so schrullig die Idee jetzt noch anmutet.