Mozart und der Aufruhr in der jungen Seele
STICH-WORT
07/06/18 „Im Alter von 12 Jahren hörte der griechische Bub Mikis Theodorakis zu ersten Mal die Geschichte des Salzburger Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart, der nach seinem Tod vom Müllwagen aufgesammelt und in einem Massengrab bestattet wurde.“ Nicht lachen, die Presseaussendung der Universität Salzburg scheint ernst gemeint.
Von Reinhard Kriechbaum
Der griechische Komponist, Schriftsteller und Politiker Mikis Theodorakis hat also, wie angekündigt, gestern Donnerstag (6.6.) die Ehrendoktorwürde der Paris-Lodron-Universität Salzburg erhalten. Der 93jährige wurde „für seine herausragenden künstlerischen und politischen Leistungen entlang der Verbindungs- und Kooperationslinien 'Zeitlose Musik und transnationaler Widerstand – Kampf für die Menschenrechte – Politische Bildung' ausgezeichnet“, begründet die Universität die Entscheidung.
Worüber also redet ein 96jähriger Grieche, der mit seiner Musik zu „Alexis Sorbas“ Weltruhm einheimste, in Salzburg zu einem solchen Anlass? Auch über Mozart, versteht sich. Das mit dem Müllwagen ist dem damals Zwölfjährigen nicht zu Kopf gestiegen, sondern hat an der Seele genagt.
„Das führte zu einem Rückzug, dessen Einsamkeit einzig die Violine erhellen konnte“ heißt es in der Aussendung. Während dieser Jahre sei ihm klar geworden, dass „ich schließlich als Teenager meine Augen vor dem Leben und der Gesellschaft nicht mehr verschließen durfte und meine eigenen Flügel ausbreiten sollte.“
Mozart habe, so betonte Theodorakis in seiner Dankesrede, die aufrührerische Seite seines Charakters maßgeblich mitgestaltet, „sodass ich all die Labels wie 'Anarchist', 'Linker', 'Sozialist' und 'Kommunist' sowie alle dazu gehörigen Theorien bezüglich meiner Person seither in einem einzigen Wort zusammenfassen würde: antiautoritär.“
Mikis Theodorakis entwickelte in seiner Dankesrede dann auch eine persönliche Vision für eine neue Ära der Aufklärung: „Alle wissenschaftlichen Mitteln (sic!) sind einzusetzen, um die produktiven Kräfte weltweit zu fördern“, hält er für nötig, um die Menschheit vor dem Ende der Ära der Vielfalt zu bewahren. Und die einzige Lösung sieht er in der Wiedergewinnung der Einzigartigkeit: „Der Mensch ist einzigartig in seiner Eigenschaft, geistige Schöpfungen hervorzubringen und sich an diesen zu laben. Gerade das ist es, was außer dem Menschen kein anderes Lebewesen zu tun vermag.“
Mikis Theodorakis hat über 1.000 Lieder und knapp 100 verschiedene Musikwerke komponiert, darunter Opern, Filmmusiken und Hymnen. Nicht fehlen durfte beim Festakt die „Mauthausen Kantate“, vorgetragen von der griechischen Sängerin Maria Farantouri. Das Stück basiert auf den Texten des griechischen Autors Iakovos Kambanellis, eines Überlebenden des KZ-Mauthausen. Ein Streichquartett mit vorrangig griechischen Musikern des Mozarteums Salzburg umrahmte das Programm mit Sätzen aus Theodorakis String Quartets No.1, No. 2 und No. 3.
Der Vorschlag Mikis Theodorakis zum Ehrendoktor zu ernennen, sei von den drei Fachbereichen Erziehungswissenschaft, Kunst-, Musik- und Tanzwissenschaft sowie Politikwissenschaft und Soziologie eingereicht worden, erfahren wir aus der Presseaussendung. Sein Lebenswerk sei als „grenzüberschreitender Einsatz für Freiheit und Frieden anzusehen, der sich nicht nur in seinem sozialen und politischen Wirken, sondern ebenso in seinen musikalischen Werken spiegle“, so Wassilios Baros, Universitätsprofessor für Bildungsforschung an der Universität Salzburg, in seiner Laudatio.