In Lust nicht, doch in Frieden…
FESTSPIELE / LIEDERABEND GERHAHER / HUBER
01/08/16 Mond und Sterne, denen der Mensch so ziemlich Schnuppe ist. Absterbende Natur. Trostlose Nacht. Vergebliche Hoffnung… Mit einem reinen Schubert-Programm hat der Bariton Christian Gerhaher, der führende Liedsänger unserer Tage, sein Publikum im Haus für Mozart herausgefordert – und zu Ovationen hingerissen.
Von Heidemarie Klabacher
Mit dem ersten Lied „Mond in einer Herbstnacht“ führten Christian Gerhaher und Gerold Huber ihr Publikum zunächst einmal „durch des Äthers Wüste“, um dann gut zwanzig „schaurige“ Lieder lang in immer tieferen Waldes- und Seeleneinsamkeiten abzutauchen und dort in offenen Wunden zu rühren. Wohl aufgehellt von einzelnen trostvolleren Liedern wie „Frühlingsglaube“, war der Festspielabend Gerhaher/Huber im Haus für Mozart ein ausgewachsener Psychotrip auf „murrendem Strom“ und „wilder Flut“ – mit gelegentlichem Besuch beim Totengräber.
Christan Gerhaher hat sich an diesem Abend kaum mehr als da und dort ein einzelnes Mezzo-Forte gestattet, hat auch die dramatischeren Lieder - etwa „Tiefes Leid“, „Herbst“ oder die Schauerballade vom „Zwerg“ - mit technisch stupend kontrollierter und nach innen gerichteter Intensität gestaltet. Doch wie viele Lautstärken gibt es zwischen Pianissimo und Mezzo-Forte! Das tragfähige Piano, über das Christian Gerhaher so meisterhaft gebietet, hat er an diesem Abend quasi mit Eishauch überzogen und zugleich mit stupendem Facettenreichtum in Timbre, Dynamik und Volumen sich entfalten lassen.
Die Textdeutlichkeit Christian Gerhahers ist legendär. Der Blick ins Programmheft ist in einem Gerhaher-Abend auch bei unbekannteren Gedichten, wie etwa August Wilhem von Schlegels „Abendlied für die Entfernte“, unnötig.
Nacht. Herbst. Einsamkeit also… Doch dann eine einzige Zugabe. „Im Abendrot“. Ein dramaturgisches Meisterstück: Mit den ersten Versen „Oh wie schön ist Deine Welt…“ begann der ganze eis-starrende Abend quasi von rückwärts angeleuchtet sich golden zu überglänzen.