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Schiffbruch der Feinsinnigen

FESTSPIELE / OPER / URAUFFÜHRUNG

27/07/16 Vornehme Herrschaften, die nach einem Opernabend im Nirgendwo stranden! Die Festspielgäste sollten sich vorsehen… Mit der Uraufführung von „The Exterminating Angel“ eröffnen die Salzburger Festspiele morgen Donnerstag (28.7.) das Opernprogramm. Der Librettist Tom Cairns führt Regie. Der Komponist Thomas Adès dirigiert.

Von Heidemarie Klabacher

Die Oper „The Exterminating Angel“ basiert auf dem Drehbuch zum Film „El ángel exterminador“ von Luis Buñuel. „Die Schiffbrüchigen von der Straße der Vorsehung“ hätte der 1962 in Mexiko gedrehte Film zunächst heißen sollen. „Die ‚Schiffbrüchigen’ sind eine Schar von distinguierten Damen und Herren, die nach einer Opernaufführung der Einladung zu einem exklusiven Diner gefolgt sind“, schreibt Christian Arseni in seiner Einführung zur Produktion.
„Das Floß, auf dem sie von der Außenwelt abgeschnitten treiben, ist der Salon in der luxuriösen Villa des Gastgebers Edmundo de Nobile. Land ist überall in Sicht, die Tür zum angrenzenden Raum steht offen; doch obwohl keinerlei Hindernisse zu erkennen sind, ist niemand dazu fähig, die Schwelle zu überschreiten.“
Zuvor hatte alles ganz „normal“ begonnen: Die feinen Herrschaften spielten das Spiel kultivierter Leute, die sich nach kulturellem Genuss dem kulinarischen hingeben wollten. Nur, dass die „Rituale“ – zwischen Handkuss und Kratzfuß – schon nicht ganz funktionieren. Dazu lauern, so Christian Arseni, „unter der lächelnden Oberfläche der gepflegt-unverbindlichen Konversation irrationale Impulse, die die Grenzen der Etikette, der Vertraulichkeit und der Scham immer wieder verletzen“. Doch bald haben die Herrschaften andere Sorgen, als eine doppelt gehaltene Begrüßungsrede…
Dieses beunruhigende Setting hat Thomas Adès nun als Vorlage für seine dritte Oper genommen.  „Den Film sah ich mit etwa 13 oder 14 Jahren“, erinnert sich der Komponist. „Ich glaube im Rahmen eines Buñuel-Schwerpunkts auf BBC.“ Durch seine Mutter, die Kunsthistorikerin ist und viel über den Surrealismus, insbesondere Dalì und Buñuel, gearbeitet hat, sei er früh mit diesen Dingen in Berührung gekommen: „Von Buñuels Filmen fühlte ich mich äußerst angezogen.“

Tom Cairns, der Librettist und Regisseur der Uraufführung, hat die 21 Hauptpersonen von Buñuels Film zwar auf 15 reduziert – aber das sind noch immer sehr viele Partien. „The Exterminating Angel“ ist also eine Ensembleoper. Es werde daher auch, so der Komponist, „in musikalischer Hinsicht weniger um die Psychologie der einzelnen Figuren gehen als darum, die oft jäh wechselnde emotionale Temperatur der Kommunikation und der menschlichen Beziehungen“.

Wie alle späteren Filme von Buñuel enthält „El ángel exterminador“ keine Filmmusik. „Die Stille zwischen den gesprochenen Sätzen, den Szenen und Situationen, bietet sich für Musik geradezu an“, findet Regisseur Tom Cairns. Natürlich ist Stille eine wunderbare Sache, aber Musik kann diesen unterirdischen Fluss vielleicht noch besser vermitteln.

„The Exterminating Angel“ ist ein Auftragswerk der Salzburger Festspiele in Koproduktion mit dem Royal Opera House Covent Garden, der Metropolitan Opera und der Kongelige Opera, Kopenhagen.

Premiere 28.7., weitere Aufführungen am 1., 5. und 8. August im Haus für Mozart, Beginn jeweils 19 Uhr. Für alle Vorstellungen gibt es online noch Karten – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Salzburger Festspiele / Brian Voce (1); Monika Rittershaus (2)

 

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