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Da muss zum Teufel was dran sein

FESTSPIELE / PSALMENSYMPHONIE

27/07/16 Bach, Strawinsky und Honegger auf zwanzig Finger und zwei Klaviere „herabgebrochen“, mit Dennis Russel Davis und Maki Namekawa. Im Großen Saal des Mozarteums.

Von Erhard Petzel

Für das Spiel mit seinem damals 15jährigen Sohn Maxim hat Dmitri Schostakowitsch das Concertino a-Moll op. 94. Es war die Eröffnung und zugleich das einzige Stück dieses eigenwilligen Abends, das tatsächlich für zwei Klaviere komponiert worden ist. Dieser Beginn erinnerte durchaus an Cat Stevens‘ father and son. Dennis Russel Davies hat allerdings als zwitschernde Dialogpartnerin mit Maki Namekawa eine exotische Blüte in Orange (nach der Pause weiß in Kimonos Art). Nach Call und Response duettieren sie baladesk, bis auf komisch spitzen Akkorden Melodisches sich gefällig löst.

Walter Weidringer holt sich als Sachwalter für sein Programmheft geschickter Weise Thomas Mann und zitiert aus Doktor Faustus den Tastenhumanisten Kretzschmar, um das Dilemma zu überhöhen, das Klavierfassungen zugrunde liegt, zumal in vierhändiger Ausführung. Am Klavier lobt dieser das fast abstrakte Verwirklichungsmittel von Musik, wodurch deren geistige Natur hörbar werde. Auch Kurtág und Schostakowitsch setzen aus Verehrung für Werk und Urheber Klaviersätze um. Dann muss ja doch zum Teufel was dran sein.

Die Sonatina aus Kantate BWV 106 (Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit), BWV 687 (Aus tiefer Not schrei‘ ich zu Dir), und das Choralvorspiel „O Lamm Gottes unschuldig“ sind auch in der vierhändigen Form der Kurtág-Bearbeitung zur Selbstversenkung geeignet. Gerade bei Schostakowitsch' Bearbeitung von Strawinskys Psalmensymphonie (die diesem Abend im Rahmen der Ouverture spirituelle immerhin den Titel gegeben hat) bleiben allerdings Wünsche nach klanglicher Befriedigung offen. Dafür war man vermutlich an einer Uraufführung in der Öffentlichkeit beteiligt. Weidringers Gedanken, dass sich wegen der Beschränkung auf den Klavierklang das „genuin Symphonische des Werks“ hervorkehre, muss man nicht unbedingt teilen.

Dort, wo im Original die Klaviere das Sagen haben, funktioniert es ja. Aber die Klangfarben eines Chores, tiefer Streicher oder von Blasinstrumenten gehen diesem in Klangfarben verdichteten Werk letztlich enorm ab. Wer es liebt, fühlt bei „Halleluja“ heiligen Schauer, der nicht nur aus der musikalischen Umgebung kommt, sondern auch dem Lautimpuls des gesungenen Wortes entspringt. Das können Pianisten alleine nicht leisten, bei aller Mühe um agogische Differenzierung.

Obwohl – auch verursacht durch die Instrumente – sich zu Arthur Honeggers Symphonie Nr. 3 H 186 (Symphonie liturgique) etliche Parallelen ausmachen lassen, funktioniert hier die Klavierfassung recht gut. Die Art der Läufe, der Akkorde und ihre rhythmische Ausgestaltung kommen dem Klang der beiden Klaviere ziemlich entgegen, wenn im Allegro marcato des Dies irae (1. Satz) auch Melodien und Einzellinien etwas zugedröhnt werden. Das Adagio des De profundis clamavi (herkömmliches Muster für einen 2. Satz) könnte in seiner balladesken Liedhaftigkeit eines getragen dramatischen Kondukts durchaus ein originärer Klaviersatz sein. Und im marschartigen Andante (Dona nobis pacem) glänzt die Klangfarbenpalette der Klaviere im repercussiven Puls, bei Akkorden und Läufen, darüber volksliedartige Linien, die leise choralartig in schöner Harmonie enden.

Sowohl Biografien wie persönliche Haltungen in Glaubensfragen vernetzen die Programmpunkte zusätzlich, wodurch das Gesamte sich perfekt in den Rahmen der Veranstaltungsreihe fügt. Die emotionale Kraft der Werke wird durch die Bearbeitungen sehr unterschiedlich aufrechterhalten. Trotzdem ein aufschlussreicher und belebender Abend, der mit lautem Jubel belohnt wurde. Die Draufgabe, ein leicht perlender Walzer aus dem Film „Einheit“ von Schostakowitsch, war jedenfalls ein Musterbeispiel für gelungene Vierhändigkeit.

Bild: Salzburger Festspiele / Michael Pöhn 

 

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