„Und es ward Licht...“
FESTSPIELE / DIE SCHÖPFUNG
24/07/16 „Ex oriente lux“ ist das Motto heuer bei der Ouverture spirituelle der Festspiele. Seit Anbeginn wird der geistliche Vorspann der Salzburger Festspiele aber mit Haydns „Schöpfung“ eröffnet. Da wird es nicht aus einer bestimmten Himmelsrichtung, sondern überall zeitgleich von oben her Licht.
Von Elisabeth Aumiller
Auftakt heuer also mit dem Chamber Orchestra of Europe, dem Chor des Bayerischen Rundfunks und den Solisten Hanna-Elisabeth Müller, Werner Güra und Gerald Finley. Am Pult: Yannick Nézet-Séguin. Ein sonnenfunkelnder Beginn.
Yannick Nézet-Séguin modulierte geradezu formgebend die bildhafte Anschaulichkeit von Haydns nuancenreicher Tonmalerei. Die klangliche Abbildung des Chaos, das von einem schwebenden Pianissimo-Unisono zu vielschichtigen polyphonen Überlagerungen aufsteigt, um schließlich „das Licht von der Finsternis“ zu scheiden, ließ der kanadische Dirigent mit feinnerviger Spannung zum Klangereignis werden. „Und es ward Licht“ konnte man als bildhafte Qualität der gebotenen Darbietung den Abend übertiteln.
Mit energiegeladenem Einsatz und konzentrierter Präsenz inspirierte Nézet-Séguin den imposanten Klangkörper. Das Chamber Orchestra of Europe, sparsam im Einsatz von Vibrato und im Blech unter anderem mit Naturtrompeten ausgestattet, gab einen lebendig transparenten Klangteppich. Grandios gestaltete der Chor des Bayerischen Rundfunks, einstudiert von seinem Leiter Peter Dijkstra, die zahlreichen Lobgesänge und hymnischen Lobpreisungen der jeweils vollendeten Werke der sieben Schöpfungstage. Mit deutlicher Diktion und wunderbar ineinander verwobener Klangeinheit bestachen die Chorsänger mit warm-fülligem Klang bei gleichzeitig präziser Prägnanz und fächerten die nuancenreiche kontrapunktische Vielfalt auf, vom zarten fast tonlosen Piano bis zum mächtigen klangreichen Jubilieren. Eine starke Leistung!
Trefflich besetzt war auch das Solistenterzett. „Im Anfange schuf Gott Himmel und Erde“: Der erste Einsatz von Gerald Finleys Raphael war nicht nur ein Musterbeispiel an Stimmkultur, sondern ebenso an minutiöser Ausformung der Wortbedeutung in der Zartheit des Beginns ebenso wie dann in jeder Folgephrase. Mit großer Subtilität, klarer Verständlichkeit jedes Wortes, exzellentem strömendem Stimmeinsatz und dynamischer wie ausdrucksstarker Klangformung punktete der Ausnahmebariton und gab zuerst dem Raphael und dann dem Adam eindringliche Gestalt.
Werner Güra lieh dem Uriel seinen gut geführten lyrischen Tenor und wurde zum frohen Künder der Erschaffung von Adam und Eva. Klar auch er in der Diktion und bestechend mit fein dynamisch schattierten und tenoral glänzenden Melodiebögen. Hanna-Elisabeth Müller war als Gabriel und Eva eine anmutige Erscheinung. Mit ihrer leuchtenden Sopranstimme bereicherte sie das Solistentrio und ließ Haydns Naturzauber in der Arie „Nun beut die Flur“ aufblühen, erzielte eine Steigerung bei der Erschaffung der Vögel „Auf starkem Fittiche“ mit ihrem „reizenden Gesang“ sowie ebenso anmutig als liebende Gattin Eva. Der Sopranistin ging es dabei weniger um die differenzierte Wortauslotung als um die einheitliche stimmliche Gesangslinie, die sie dem Ensemble tonschön und lichtvoll draufsetzte.
Der Schlussjubel von Chor und Solisten „Des Herren Ruhm, er bleibt in Ewigkeit“ schloss einen erhabenen, wunderschön musizierten Festspielabend, der beim Publikum spürbar nachhaltigen Eindruck hinterließ. Das Auditorium erhob sich geschlossen von den Sitzen zum begeisterten Beifall.