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Verführerische Wege zur Neuen Musik

FESTSPIELE / SALZBURG CONTEMPORARY / BARENBOIM, QUEYRAS, BOFFART

24/08/15 Den letzten Abend von „Salzburg contemporary“ widmeten Michael Barenboim (Violine), Jean-Guihen Queyras (Cello) und Florent Boffart (Klavier) mit einem unglaublich umsichtigen und klugen Programm der Neuen Musik – ihren Ursprüngen, Wurzeln und dem Mann, der sich darum wie wenige andere verdient machte: Pierre Boulez.

Von Sascha-Alexander Todtner

Claude Debussys Sonate d-Moll für Violoncello und Klavier von 1915 erstrahlte in der Interpretation von Queyras und Boffart vom romantischen Beginn hin zu träumerisch-schwelgenden Passagen im Licht der Modernität. Die beiden Musiker zeigten innerhalb der traditionellen Gattung der Sonate das tänzerische und folkloristische Element. Und im letzten Satz konnte man die Seele der Musik an den Grenzen des Impressionismus erleben.

Darauf folgte Pierre Boulez Anthèmes I pour volon seul (1991). Michael Barenboim hat alle Stücke des Abends nicht aus Notenblättern, sondern vom iPad gespielt. Das zehnminütige Solostück kann wohl der seriellen Musik angerechnet werden. Der Geiger interpretierte dieses Werk sehr klar und transparent, aber niemals langweilig.

Maurice Ravel Trio d-Moll für Klavier, Violine und Violoncello (1914) sollte das einzige Stück à 3 an diesem Abend bleiben. Zwischen Leichtigkeit, Anklängen von Weltmusik (erster Satz) und Melancholie, einer düsteren Vorahnung des 1. Weltkriegs (zweiter Satz) rückte man die zukunftsweise Elemente in Ravels Musik hervor. Geradezu orchestrale Wirkungen dann im Finalsatz, was zu frenetischen Jubel führte.

Nach der Pause folgten Acht Duos aus den 24 Duos, Heft Nr. 1 (I – XIII) für Violine und Violoncello (2008) von Jörg Widmann, der selbst erst durch Pierre Boulez zum Komponieren gekommen sein soll. Die charakterlich, expressiv und strukturell sehr unterschiedlichen kurzen, aber unglaublich spannenden Stücke zeigen die Auseinandersetzung der Moderne mit der Tradition. Barenboim und Queyras erschufen Miniaturen von größter Intensität, deren Bilder im Kopf blieben.

Nach einer mustergültigen Suite für Klavier op. 25 (1921 – 1923) von Arnold Schönberg, die man bei Florent Boffard nur als Feuerwerk der Musik beschreiben kann, kam die expressive Kürze bei Webern und Bergs zum Zug. Anton Weberns Drei kleine Stücke für Violoncello und Klavier op. 11 (1914) wie auch Alban Bergs Vier Stücke für Klarinette und Klavier op. 5 (1913) in der Bearbeitung für Violoncello und Klavier wurden zu kurzen Gedichten. Das Zusammenspiel von Boffard und Queyras entlockten in Bergs Emotionalität dem Cello die schönsten Farben, während das Klavier glasklar die Zerbrechlichkeit dieser Kleinode visualisierte. Und wenn in Bergs letztem Satz die Beklommenheit das Publikum ergreift, den Atem bis zum Verklingen des letzten Tons raubt, dann ist der behutsame Applaus so, als wolle man den Nachklang der Töne im Großen Saal nicht stören.

Den Schluss machte Pierre Boulez Messagesquisse pour violoncelle solo et six violoncelles (1976/77) – Queyras war da umringt von sechs seiner Studenten aus Freiburg. Ein Klangerlebnis zwischen Nervosität und Dichte, ein Ein Mini-Konzert, das nicht nur akustisch, sondern auch visuell von festspielwürdiger Schönheit zeugte.

Bild: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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