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Wutmusiker

FESTSPIELE / KAMMERKONZERT / VILDE FRANG & FRIENDS

11/08/15 Aus zwei mach acht: Die Geigerin Vilde Frang versammelte Montag (10. 7.) Gleichgesinnte in vehementem Einsatz zum zweiten Kammerkonzert dieser Festspiele und steigerte dabei die Besetzungszahlen, von Kodály ausgehend über Tschaikowsky bis hin zu Enescu.

Von Horst Reischenböck

Vorerst einmal die Norwegerin auf dem Podium des Großen Saals im Mozarteum fast im Clinch mit dem Cellisten Nicolas Altstaedt, mit dem sie danach, ihm gegenüber, noch etliche Melodiebögen partnerschaftlich ausfechten sollte. Der Einsatz galt Zoltán Kodálys zu Ausbruch des 1. Weltkriegs in Vorarlberg entstandenes Duo für Violine und Violoncello op. 7. Formal ist es eigentlich eine große Sonate, in der beide Instrumente nicht bloß zu einer „Riesengeige“ (à la Johannes Brahms) verschmelzen, ein Orchester nahezu ersetzen, sondern klangliche Eigenheiten auch explizit gegeneinander ausspielen. Es paarten sich virtuose Brillanz mit nostalgischer Intensität, mit der bereits Altstaedt spannungsgeladen in den Kanon des Kopfsatzes einstieg, um dann sogleich durch Pizzikati Vilde Frang Gelegenheit zu zartem Gesang zu bieten. Nach dem kontrapunktisch fugierten Adagio stürzten sie sich dann genauso vehement in die abschließend ungarisch gefärbte Friska (der schnelle Abschnitt eines Csárdás).

So begeisternd intensiv deklamiert, hätte dieser Einstieg schon allein für einen ersten Programmteil ausgereicht. Doch danach vergrößerte Frang ihr Ensemble durch den Wiener Philharmonischen Geiger Christoph Koncz, Altstaedt wiederum mit dem finnischen Partner Jan-Erik Gustafsson als 2. Cellisten und, dazwischen postiert die beiden Bratschisten Lawrence Power aus den USA und dem Briten James Boyd. Pjotr Iljitsch Tschaikowskys letztes Kammermusikwerk, das d-Moll-Sextett op. 70 mit dem Titel „Souvenir de Florence“ durchpulsten sie vollmundig satt getönt, voll glühender Leidenschaft. Nach dem Cantabile kosteten sie im tänzerisch aufgedrehten Allegretto des Russen Rückbesinnung auf seine Wurzeln wild aus und steigerten sich mit brillant spieltechnischem Einsatz im Finale in einen wahren Furor hinein. Entsprechend lautstark war die Zustimmung aus dem etwas schütter besetzten Parkett.

War vielleicht der Anspruch zu hoch gesteckt oder die Werkwahl nicht publikumswirksam genug? Nach der Pause jedenfalls gesellten sich noch die beiden rumänischen Geigerinnen Sarah und Debora Nemtanu hinzu. Galt doch der volle Einsatz einem weiteren Werk osteuropäischer Provenienz. Es ist, wie die vorangegangenen, ebenfalls im Westen entstanden, was nicht zuletzt die französischen Tempovorschriften belegen: das nochmals alles fordernde Oktett in C-Dur op. 7 von Georges Enescu. Der Rumäne orientierte sich nicht an den Vorbildern für diese Besetzung (Felix Mendelssohn, dann Niels Wilhelm Gade oder später noch Max Bruch), sondern er lässt alle acht Streicher gleichermaßen intensiv sich motivisch an dem über alle vier Sätze verteilten Geschehen beteiligen und rückt sie auch immer wieder einzeln ins Blickfeld. Nach unüberhörbar noch an Brahms als Vorbild anknüpfendem Anfang beruhigt sich das zerklüftete Scherzo nach und nach, und der zweite Binnensatz führt genauso nahtlos in einen unüberhörbar am Jahrhundertwende-Abgrund tanzenden Walzer. Dank für diese selten zu hörende Rarität, von allen hochkarätigen Instrumentalisten in einem Geist bis an ihre physischen Grenzen ausgelotet, und entsprechend begeistert akklamiert!

Für das Kammermusik-Grüppchen war der Festspiel-Auftritt Auftakt beinah zu einer Art Salzburg-Residenz: Nicolas Altstaedt spielt am 6. Oktober mit Fazil Say in einem Stiftungskonzert. Am 15. Oktober spielen Nicolas Altstaedt, Vilde Frang und James Boyd ebenfalls bei der Stiftung. Altstaedt, Frang und Christoph Koncz treten schließlich in der Mozartwoche 2016 in unterschiedlichen Konstellationen auf (www.mozarteum.at). Bei der Kulturvereinigung spielt Nicolas Altstaedt schließlich am 17./18./19. Februar als Solist der Wiener Symphoniker unter Ádám Fischer (www.kulturvereinigung.com)
Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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