Gegensätze
FESTSPIELE / FESTSPIELE / AWARD CONCERT WEEKEND (2 und 3)
10/08/15 Die Entscheidung der Jury unter dem Vorsitz von Dennis Russel Davies ist gefallen: Lorenzo Viotti ist der Gewinner des Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award 2015. Er wird bei den Salzburger Festspielen 2016 ein Konzert dirigieren.
Von Heidemarie Klabacher
10/08/15 Ausgerechnet mit der ein wenig eindimensional filmmusikhaften Symphonie Nr. 4 A-Dur op. 36 „Camerata“ von Miloslav Kabeláč ist es spannend geworden: Bis dahin wirkte das Dirigat von Jiří Rožeň recht verhalten. Mit dem Außenseiterwerk rückte der gebürtige Tscheche sich selbst und zugleich auch sein dramaturgisch raffiniert komponiertes Programm ins rechte Licht. Zwei Werke von „Landsleuten“ bildeten die Klammer um das Award Concert von Jiří Rožeň beim Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award heute Montag (10.8.) Vormittag in der Großen Aula: Das ein wenig beiläufig daherkommende Scherzo aus der „Triumph-Sinfonie“ E-Dur op. 6 von Bedrich Smetana und eben die Symphonie aus 1958 mit dem Beinamen „Camerata“ von Miloslav Kabeláč (1908 bis 1979). Die historischen Bezüge müssen nicht eigens aufgeschlüsselt werden. Der Beiname wird diese Werkwahl nicht wirklich beeinflusst haben, er hat auch nichts mit dem Orchester des Award Concert Weekend – der fulminanten Camerata Salzburg – zu tun, sondern mit kammermusikalischen Werkstrukturen. Wie eine charmante kleine Hommage ans Orchester wirkt es dennoch.
Dazwischen erklang die Ouvertüre zu Mozarts Oper „Così fan tutte“, bei der vor allem aufgefallen ist, dass sie via Inhalt – Liebeswirren – und Instrumentation – Solooboe – perfekt zum folgenden Stück passt, zur Arie „Vorrei spiegarvi, oh Dio!“ für Sopran und Orchester KV 418. Bei der Arie triumphierte freilich nicht der Dirigent, sondern die Sopranistin Claire de Sévigné. Auch sie ist, wie die Sängerinnen der beiden anderen Award Concerts, ein Mitglied des Young Singers Projekt.
Die technisch so überwältigend souveräne und musikalisch so bewegende Wiedergabe von Claire de Sévigné hat - sagen wir es kurz, weil’s ja um die Dirigenten gehen soll - den Tag verzaubert. Und sie wird in Erinnerung bleiben (sonst verbindet man mit diesem Werk ja gern Patricia Petibon, seit ihrem überirdischen Auftritt vor einigen Jahren im Großen Saal).
Mit sehr viel mehr Verve, Dynamik und Selbstbewusstsein ist am Sonntag (9.8.) der gebürtige italienisch-französischstämmige Schweizer Lorenzo Viotti in der Großen Aula aufgetreten. Seine stürmische Interpretation von Schuberts Symphonie Nr. 2 B-Dur D 125 war einfach mitreißend musikantisch, dabei wohldurchdacht in der Phrasierung oder im delikaten Aufbau etwa der Crescendi. Die Camerata Salzburg folgte mit Lust! Das Nachmittagskonzert war einfach ein Vergnügen. Wenn auch von einer Programmdramaturgie bei Lorenzo Viottis Award Concert eher nicht die Rede sein kann.
Vom ersten Akkord an mitreißend war die Sinfonia zur Oper „Il matrimonio segreto“ von Domenico Cimarosa. Das klangvolle aber auch langatmige Stück „Sortilegis“ aus 1992 von Xavier Montsalvatge war der vorgeschriebene zeitgenössische Beitrag und ging im munteren Dirigat durchaus mit Dynamik vorüber. Die Rezitativ und Arie dieses Konzerts - „Misera, dove son ... Ah! non son io che parlo“ KV 369 - sang untadelig die Sopranistin Federica Lombardi.
Die Entscheidung der Jury ist also gefallen. Lorenzo Viotti, der Gewinner des Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award 2015, wird bei den Salzburger Festspielen 2016 ein Konzert dirigiern.