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Im Museum nichts Neues

FESTSPIELE / IL TROVATORE

09/08/15 Die Bilderwände sausen unverdrossen hin und her, vor und zurück, auf und ab. Im Übrigen: Nichts Neues aus dem Museum, in das Regisseur Alvis Hermanis Giuseppe Verdis „Il Trovatore“ verbannt hat.

Von Heidemarie Klabacher

Im Finale kommen die rollenden Bilderwände endlich zur Ruhe und stellen sich in einer Reihe auf, bilden also eine Wand. Von den Gemälden zeugen nur noch dünklere Flecken. Und warum bloß sind diese Flecken beredter als die ganze ikonographische Verdoppelung, Verdreifachung den ganzen Abend über?

Die Rivalen gehen auf einander los – und zwei Gemälde mit je einem tournierenden Ritter mit eingelegter Lanze drauf werden prompt in den Vordergrund geschoben. Subtil? Oder ein Beispiel gegen Ende der Oper:

Manrico ist ja der Ziehsohn der Zigeunerin Azucena (Ist das wirklich ganz sicher? „Ach! Vielleicht… Was willst Du“, stammelt Azucena verwirrt.) Wenn sich aber das Bild einer Madonna mit Kind kurz vor der Ermordung Manricos in eine Pieata verwandelt, wirdes auf jeden Fall eine schiefe Metapher.

Die Bilderschieberei soll wohl abstrahierend wirken, bewirkt aber genau das Gegenteil: Muss man so deutlich machen, dass die Story aus der Mottenkiste kommt und bestenfalls ins Museum gehört? Die abstruse Story von Kindesraub, Kindesverwechslung und versehentlicher (!!!) Kindesverbrennung, samt der Spätfolge Bruderkrieg und Brudermord, bietet ja wirklich wenig Raum für einen psychologisch-abstrakten Regieansatz. Was nicht nur zu bekritteln ist, es dürfte gerne öfter mal blut- und glutvoll hergehen auf der Opernbühne.

Alvis Hermanis scheint sich aber nicht getraut zu haben, einfach Ritter und Edelfräulein und Zigeuner auf die Bühne zu bringen, und hat daher alle miteinander ins Museum verfrachtet. Das hat „Il Trovatore“ aber auch wieder nicht verdient.

Diese Produktion sollte – zumindest in der Wiederaufnahme – ohnehin „La Zingara“ heißen: Ekaterina Semenchuk in der Rolle der Zigeunerin Azucena sind die bewegendsten Augenblicke des Abends zu danken. Anna Netrebko als Leonora beschränkt sich nicht nur darstellerisch (das kreidet man ohnehin dem Regisseur an), sondern auch gesanglich auf die „Große Geste“. Auf Händeringen und Händefalten in Bild und Ton sozusagen. Da wird die vielfach problematische Oper wirklich zum Museumsstück, zum gesungenen Historienschinken.

Dagegen gestaltet Ekaterina Semenchuk, durchaus auch mit Händeringen, ein packendes und bewegendes Porträt. Besonders im Finale und im Duett mit dem Ziehsohn Manrico verleiht sie dem Geschehen die Qualität einer unter der Restauratorenlampe präzise ausgeleuchteten Seelen-Zeichnung. Francesco Meli, ein rundum solider und strahlender Manrico, gibt seiner Figur in dieser Szene ebenfalls besondere Tiefe. Das greift dann über auch auf Anna Netrebko, die in der „Scena Ultima“ auch endlich die Primadonna ablegt und als Mensch auftritt. Mit überwältigender Wirkung natürlich. Artur Rucinski hat als Conte di Luna ohnehin solide überzeugt und zeigt im Finale Größe.

Am Pult der Wiener Philharmoniker steht in der Wiederaufnahme Gianandrea Noseda, der einen deftigen Grundschlag mit bevorzugter Betonung der jeweils ersten Taktnote vorgibt. Die Sänger müssen sich den nötigen Drive selber aufbauen, was ihnen immer wieder gelingt.

Weitere Aufführungen am 11., 14. und 17 August - www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Salzburger Festspiele / Forster

 

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