Ein Totentanz im Kommunisten-Ton?
HINTERGRUND / BRECHT-SYMPOSION
04/08/15 Man tut sich heutzutage schon recht schwer, sich in die Zeit hinein zu versetzen: In den frühen fünfziger Jahren galt Bertolt Brecht als der Leibhaftige in Salzburg und Österreich. Brecht und ein Naheverhältnis zu den Festspielen? Undenkbar!
1951 erschütterte ein politischer Skandal die Salzburger Festspiele: Gottfried von Einem hatte den Dramatiker Bertolt Brecht beauftragt, unter dem Titel „Totentanz“ ein neues Stück für die Salzburger Festspiele zu schreiben, das den „Jedermann“ ablösen sollte. An Stelle eines Honorars wollte der staatenlose Brecht die österreichische Staatsbürgerschaft. Eine Zusammenarbeit mit den Salzburger Festspielen scheiterte jedoch, nachdem die Verleihung der Staatsbürgerschaft (1950) an den „Kommunisten Brecht“ bekannt wurde.
Was man Brecht in Österreich ganz besonders verübelt hatte: Der Neo-Österreicher Brecht hatte einen guten Draht zu den damaligen Kulturverantwortlichen der DDR, die ihm ihrerseits ein eigenes Theater anboten. Brecht nahm seinen Wohnsitz in Ostberlin.
Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges fasste man in Salzburger diese Entscheidung als eine Art Hochverrat auf. Brecht verzichtet auf Salzburger Amt und Würden, das neue Festspielstück blieb unvollendet. Gottfried von Einem, der Brecht bis zuletzt unterstützte, wurde am 31. Oktober 1951 nach einer hitzigen Kontroverse mit Landeshauptmann Klaus aus dem Festspieldirektorium ausgeschlossen. Gottfried von Einem nannte dies damals ein „inquisitorisches Vorgehen“.
Mit Gustaf Gründgens als Festspieldebütanten (er inszenierte Shakespeares „Wie es euch gefällt“) hatte man damals in Salzburg keinerlei Schwierigkeiten. Die Karriere des "Gottbegnadeten" im Dritten Reich war kein Thema. Übrigens: im selben Jahr 1951 waren die Wogen hoch gegangen in Salzburg, als Alban Bergs „Wozzeck“ unter der Leitung von Karl Böhm zum ersten Mal bei den Festspielen erstaufgeführt wurde.
Zur Aufführung von „Mackie Messer – Eine Salzburger Dreigroschenoper“ heuer gibt es ein wissenschaftliches Begleitprogramm, ausgerichtet von den Freunden der Festspiele. „Brecht und die Politik“ wurde schon abgehandelt (am 27. Juli). Morgen Mittwoch (5.8.) ab 10 Uhr gibt man sich weniger politisch (aber unpolitisch auch wieder nicht): „Nicht zum alten Eisen, sondern zum alten Gold – Brecht, der Dichter“ ist das Thema dieses zweiten Symposion-Abschnitts. Am 11. August schließlich wird es unter dem Motto „Ein neuer Ton, eine neue Melodie, eine neue Vision in der Zeit“ um Brecht und Weill gehen. (dpk-krie)