Kleine Besetzung, große Form
FESTSPIELE / TETZLAFF TRIO
03/08/1 Christian Tetzlaff, Tanja Tetzlaff und Lars Vogt spielten Klaviertrios von Antonin Dvorak und Franz Schubert. Sie präsentierten zwei der großen Kaliber der Kammermusik als fein geschmiedete Kostbarkeiten.
Von Heidemarie Klabacher
Gut eine dreiviertel Stunde dauert jedes der beiden Werke dieses Abends, das Klaviertrio Nr. 3 f-Moll op. 65 von Antonin Dvorak und das Klaviertrio Es-Dur D 929 von Franz Schubert. Es sei „charakteristisch für „die Komponisten und ihre Werke, dass nicht Länge empfunden wird, sondern Größe“, heißt es in der Einführung im Programmheft.
Tatsächlich: Man wollte an diesem Abend nicht eine einzige Wiederholung missen. Jede Wiederkehr eines jeden Themas oder Motivs war eine neue spannende Begegnung, sprach von Weiterentwicklung und raffinierter Veränderung.
Kräftig und delikat zugleich spielen Christian Tetzlaff, Tanja Tetzlaff und Lars Vogt: zupackend, vorwärts drängend, im Piano so klangvoll und präsent wie im Forte - und umgekehrt im Forte so subtil und geschmeidig wie im Piano.
Mit einer solch differenzierten Interpretation wird tatsächlich in keinen Augenblick „Länge“ empfunden. Viel eher hat man das Gefühl, von den Künstlern an der Hand genommen und in die Tiefenstrukturen der Werke hineingeführt zu werden. Ihrem Zugang eignen Präzision und Klarheit, die immer wieder Staunen machen und Augenblicke puren Kammermusikglücks bescheren.
Was soll herausgegriffen werden? Vielleicht das traumhaft schöne, scheinbar schlichte „Volkslied“ im dritten Satz Poco adagio des Dvorak-Trios, das sich charakterlich so subtil wandelt und im Gestus dann beinahe ins Symphonische hinauswächst? Oder die expressiven oft beinahe gespenstisch leisten Augenblicke im Finale, die tumulthaften Ausbrüche schier ungezügelter Wildheit, an die man sich – über gläsern funkelnden ruhevollen Klavierlinien – alsbald nur mehr erinnert, wie an einen fernen Traum?
Ein Höhepunkt im Schuberttrio war wohl der geheimnisvolle zweite Satz über Motive aus einem Schwedischen Volkslied.
Entstanden ist das Klaviertrio Es-Dur D 929 im Jahr 1827 im Jahr vor Schuberts Tod. Da ist man versucht zu mystifizieren – aber weder das Stück lässt das zu, noch die Wiedergabe von Christian Tetzlaff, Tanja Tetzlaff und Lars Vogt: Tänzerisch musikantisch dynamisch ist ihre Interpretation, dramatisch wild hochexpressiv, poetisch zart, oft schier zerbrechlich im Klang feinst gesponnener Dialoge zwischen Cello und Geige – aber keinen Augenblick sentimental oder larmoyant. An den Abgründen oder auf schwankendem Boden wird ebenso mutig und souverän marschiert, wie auf sicherem Felsgrund oder heiteren Wiesen.