Wie man nasse Füße bekommt
FESTSPIELE / KOMÖDIE DER IRRUNGEN
02/08/15 Die Spielfläche ist von knöcheltiefem Wasser umgeben. Die Darsteller waten gelegentlich darin, ziehen sich aber vorher meistens die Schuhe und Socken aus. Warum das so ist, enthüllt sich erst ganz zum Schluss. Henry Mason inszenierte auf der Halleiner Pernerinsel „Die Komödie der Irrungen“ von Shakespeare.
Von Werner Thuswaldner
Am Schluss stehen dann alle im Wasser und dürfen nach Herzenslust plantschen und sich gegenseitig anspritzen. Bei keinem Kindergeburtstag könnte es ausgelassener zugehen. Diese Art überbordender Lustigkeit zu erzeugen, ist der in Wien lebende Brite Henry Mason der richtige Mann. Das Publikum lässt sich bereitwillig mitreißen. Mason hatte zwar im Vorfeld erklärt, sehr viel Symbolik stecke im Wasser und im Text werde es sogar hie und da ausdrücklich erwähnt, aber er hätte auch zugeben können, wie wichtig ihm das nasse Element für seine Gagproduktion ist.
Er habe „Die Komödie der Irrungen“ in Italien angesiedelt, sie spiele in den fünfziger Jahren, als die Mafia noch ein gewisses Ansehen genossen habe. Die Angehörigen dieser Verbrecherorganisation sind auf der Bühne unschwer an ihren dunklen Brillen zu erkennen.
Die Aufführung dauert ohne Pause zweieinhalb Stunden, andere Regisseure haben schon eine Stunde weniger gebraucht. Bei Mason zieht es sich gelegentlich deshalb, weil er aus der Komödie gerne ein Musical gemacht hätte. Die Darsteller legen also immer wieder bekannte Songs ein, und das braucht Zeit. Die Musik wird übrigens von drei Instrumentalisten live produziert. Herbert Bründlmayer am Schlagzeug sorgt immer wieder für einen Tusch, wenn der Diener Dromio von seinem Herrn eine Kopfnuss abkriegt.
An Aktivität herrscht kein Mangel, im Gegenteil: Überschuss. Sie würde für eine Handvoll Inszenierungen reichen. Der Höhepunkt wird wohl in einer chaotisch überzogenen Exorzismus-Szene erreicht, aber es geht auch sonst oft drunter und drüber. Henry Mason übertreibt gerne und mag es als Experte für Kinder- und Jugendtheater bunt und grell. So sehen übrigens auch die meisten Kostüme von Jan Meier aus.
Die Szenenwechsel erfolgen oft blitzschnell. Der heimische Chefbeleuchter Mario Ilsanker leistet dazu vorbildliche Arbeit. Als Sitzgelegenheiten stehen immer wieder Schaukeln zur Verfügung. Warum Bühnenbildnerin Manuela Mandel rechts hinten einen riesigen Berg aus Stühlen aufbauen ließ, bleibt rätselhaft. Damen mit völlig ungeeignetem Schuhwerk unternehmen darauf waghalsige Klettertouren.
Motor der Komödie ist eine Kette von Verwechslungen, die von zwei Zwillingspaaren – jeweils Herr und Diener, namensgleich – ausgelöst werden. Gewiefte Zuschauer, trainiert durch Bildvergleich-Rätsel, finden schnell heraus, dass es Unterschiede gibt: der eine Herr trägt Brille, und die Mützen der Diener haben verschiedene Farben. Die Inszenierungen nützen – so auch in Hallein – für die Zwillingspaare idente Darsteller. Man spart Personal und es klappt vorzüglich.
Shakespeares Stärke ist die Art, wie er die Verwechslungen steigert und bis zum Wahnsinn treibt. Die Annahme, dass Dämonen ihre Hand im Spiel haben, ist unausweichlich. Diese Szenen machen dank Thomas Wodianka (Herr) und Florian Teichtmeister (Diener) durchaus Eindruck. Letzterer, eine Figur wie aus der Commedia dell‘arte, ist beweglich und wortgewandt, wie man sich’s nur wünschen kann. Leider lässt es der Regisseur zu, dass diese Leistungen durch viel Nebenwerk überwuchert werden. Dass die Sache der Frauen nicht untergeht, dass sie sich in der männlich dominierten Gesellschaft Gehör verschaffen, dafür sorgen Meike Droste mit stimmlichem Durchsetzungsvermögen und Elisa Plüss mit sanfteren Tönen.
Der Publikumserfolg ist eindeutig. In der enthusiastischen Schlussreaktion gingen die paar Buhrufe hoffnungslos unter.