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Auf eng verschlungenen Wegen zum Gipfel

FESTSPIELE / MUSIKALISCHES OPFER / JORDI SAVALL

25/07/15 „J. S. Bachs musikalisches Testament“: so bezeichnete der Katalane Jordi Savall dessen „Musikalisches Opfer“ BWV 1079, als er vor 15 Jahren dazu ins Aufnahmestudio ging. Leicht verändert in Abfolge und Besetzung seines Ensembles Le Concert des Nations spielte er das Werk am Donnerstag (23.7.) in der Kollegienkirche.

Von Horst Reischenböck

Welch heutiger Komponist würde sich winden, einem herrschenden Politiker ein wie immer geartetes „Opfer“ anzudienen? Doch dieser Unterwürfigkeit, die sich in der Widmung an den Preussenkönig manifestiert, verdankt die Nachwelt nicht nur einen einzigartig geistigen Höhenflug sondergleichen, der damit gedanklich ideal in eine Ouverture spirituelle der Festspiele passt. Das „Musikalische Opfer“ ist auch ein mehrheitlich abstraktes, weil mit wenigen Ausnahmen nicht durch festgeschriebene Instrumentation vorbestimmtes Opus. Lediglich für einen Canon und die Triosonate ist die Besetzung angegeben.

An der Verwirklichung des innewohnenden Konzepts, am Entstehen mag sich der Thomaskantor möglicherweise selbst diebisch gefreut haben. In Gedanken darauf, welche Fülle an Rätseln er darin den Ausführenden zu knacken gab. Ganz zu schweigen von den von ihm gestellten Anforderungen an die Konzentration beim Hören ganz zu schweigen!

Was versteckt sich darin nicht alles an Anspielungen! Etwa die Zahl 14 (das „Musikalische Opfer“ umfasst 14 Nummern und in der Triosonate erscheint das vorgegebene Thema ebenfalls 14 Mal), die in der Buchstabensymbolik Bachs Autogramm ergibt. Oder dass er mit dem Einschmuggeln seiner Namensnoten gegen Schluss des sechsstimmigen Ricercares, einer Art „Instrumentalmotette“, die Albert Schweizer als „wohl das satteste Fugengewebe, da je unter Bachs Hand entstanden ist“ würdigte, dieses sein Werk selbst signierte. Viele Kanons sind zumeist nur in zwei Systemen notiert, ihre mehrstimmige Ausführung ist erst zu entschlüsseln.

Der Gambist Jordi Savall bemühte sich um eine in sich logisch und auch klanglich abwechslungsreiche Abfolge nach eigenem Gusto. Er gruppierte nach dem von Marc Hantaï an der Holz-Querflöte vorgestellten königlichen Thema (einst von Friedrich demGroßen mutmaßlich auf einem Hammerklavier angeschlagen) und dem von seinem Bruder Pierre Hantaï auf dem Cembalo exekutierten Ricercar a 3 zunächst eine erste Folge an Canons um das gleichfalls am Cembalo gespielte Ricercar a 6.

Danach erklang die in der Abfolge ihrer vier Sätze barocke „Sonata sopr'il Soggeto Reale“ (wahrscheinlich das einzige Stück, das der König selbst auch dann in Potsdam gespielt haben dürfte), zu der sich Manfredo Kraemer an der Violine und Cellist Balázs Máté gesellten. Danach die umfangreichere zweite Canon-Serie und getoppt mit der finalen Wiederholung des Ricercars a 6. Nunmehr in voller Ensemble-Formation mit dem Zweiten Geiger David Plantier und Xavier Puertas am Kontrabass.

Ein weiter Weg auf einen gedanklichen Gipfel. Von diesem holten Jordi Savall und seine Mannen mit Menuett und abschließend durch Marc Hantaï virtuos geblasener Badinerie (aus der Zweiten Orchestersuite) das merklich begeisterte Publikum wieder herunter – das erst danach Bravo-Rufe hören ließ.

Bilder: Salzburger Festspiele / Franz Neumayr

 

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