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Die Verwandlung zur Gottheit

FESTSPIELE / REPORTAGE / SANSKRIT-THEATER

21/07/15 Vor der Aufführung des Kutiyattam schminken sich die Darsteller in einem Ritual, das bis zu sieben Stunden dauern kann. Man spiele „für die Götter“, betonen die Ausführenden. Ihr Theater hat eine Tradition von achthundert Jahren.

Von Anne Zeuner

Es herrscht Stille in der Salzburger Kollegienkirche. In einem kleinen Raum neben dem Altar beginnen die Vorbereitungen für das indische Tanztheater Kutiyattam. Hinduismus trifft auf Christentum:  Auf Matten liegen zwei der indischen Darsteller, deren Gesichter mit bunter Farbe bemalt werden. Es ist ein Ritual, das bis zu sieben Stunden dauern kann.

„Am Anfang dieses Prozesses steht der Mensch“, sagt Rebecca Weckenmann, Mitglied der Theater-Gruppe. Sobald der Mensch sich ein Band um den Kopf bindet und das Schminken beginnt, verwandle er sich in einen Schauspieler, sagt sie. „Am Ende des Prozesses, wenn die Maske fertig ist und er das Kostüm trägt, ist die Verwandlung komplett in die Gottheit, oder eben den Charakter, den er auf der Bühne darstellt.“

Die Farben werden traditionell mit Öl angerührt: Gelb wird aus dem Stein Manayola, rot aus dem Stein Chayilyam gewonnen. Die Steine werden zerrieben und mit Kokosnussöl gemischt. Verschiedene Farbtöne werden dann durch Mischen hergestellt. Traditionell bekommen die Schauspieler einen Chutti, einen Reisbart. „Man klebt mit einer Mischung aus Reispulver und Wasser drei Lagen Papier auf das Gesicht der Männer“, sagt Rebecca Weckenmann. Es gebe Vorlagen, wie die Masken der Charaktere in etwa aussehen sollten, für jeden Charakter stehe eine bestimmte Farbe. Die Frauen schminken sich immer selbst.

Kutiyattamdas bedeutet wörtlich „Zusammen-Spiel“ und ist im Süden Indiens zu Hause.  Dieses Tanztheater zeichnet sich nicht nur durch die spektakulären Kostüme und Schminkmasken aus, sondern auch durch die komplexe und hoch stilisierte Gestik und Mimik – Mudras – sowie einen einzigartigen Sprechgesang.

Was heute Abend hier zu sehen ist, ist stark an das Publikum angepasst“, erklärte Rebecca Weckenmann im Vorfeld der Aufführung gestern Montag (20.7.) in der Kollegienkirche. Da dauerte das Stück zwei Stunden, aber „traditionell kann ein Akt 6 bis 41 Tage ausgedehnt werden.“ Man war also ultra-flott unterwegs. Dennoch spiele man nicht für das Publikum, man spiele für die Götter. Auch in der kurzen Version werde die gesamte Geschichte erzählt.

Musikalisch wird Kutiyattam von Rhythmusinstrumenten getragen, neben kleinen Zimbeln und einer „singenden“ Trommel bieten insbesondere die großen Kupfertrommeln ein einmaliges Klangerlebnis. Rebecca Weckenmann hat die Zimbeln gespielt. Fünf Monate lang war die Studentin der Ethnologie und Indologie in Kerala, im Süden Indiens, um in der Schule des Ensembles Nepathya zu lernen, das von Margi Madhu Chakyar und seiner Frau Indu geleitet wird. (PSF)

Bilder: Salzburger Festspiele / Zeuner, Fiala

Die weiteren Aufführungen im Rahmen des Hinduismus-Schwerpunkts der „Ouverture spirituelle“:
Hinduismus II: Dhrupad. 21. Juli, 20.30 Uhr
Hinduismus III: Khyal. 24. Juli, 22 Uhr
Hinduismus IV: Bharatanatyam. 25. Juli, 20.30 Uhr
Hinduismus V: Morgen-Ragas. 26. Juli, 6 Uhr
Aufführungsort ist immer die Kollegienkirche – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Salzburger Festspiele / Zeuner, Fiala
Zum Interview mit der Hinduismus-Sprezialistin Bettina Sharada Bäumer
Wenn wir bloß die Ragas und Talas heraus hörten!
Zum Aufführungsbericht Mit Händen und Füßen

 

 

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