Ein richtig großes, schönes Klavierkonzert
FESTSPIELE / GUSTAV MAHLER JUGENDORCHESTER
26/08/14 Zum Doyen reicht’s altersmäßig noch nicht, aber Wolfgang Rihm ist in jedem Fall eine Instanz im Komponieren unserer Tage. Man weiß, wo man ihn verlässlich antrifft: Er ist ja nicht nur Urlaubsgast im Austragshäusl der Postmoderne, sondern hat es zum festen Wohnsitz gewählt.
Von Reinhard Kriechbaum
Ein Festival (die Salzburger Festspiele) und zwei Orchester (das Gustav Mahler Jugendorchester und das National Symphony Orchestra, Washington D.C), haben zusammengezahlt für eine Auftragskomposition. So kann man sich ein großes Stück des Großen schon leisten. Wolfgang Rihms 2. Klavierkonzert wurde am Montag im Großen Festspielhaus uraufgeführt. Der Pianist Tzimon Barto hat damit ein Stück in den Fingern, das er jederzeit gut hören lassen kann. Mit einem - sagen wir - besinnlichen eher langsamen Satz hebt das Klavierkonzert an, wobei der Solopart und der reich aufgefächerte, von einprägsamen Holzbläsersoli durchzogene Orchestersatz sehr eng miteinander verwoben sind. Das ist eine durch und durch wohlklingende, übersichlich besetzte große Kammermusik, die total idyllisch in eine markante Episode für Soloflöte und Klavier mündet.
Satz zwei hebt mit Verve an, fast neoklassizistisch pulsiert er im Rhythmus, den das Klavier anfangs in charakteristisch feinen Diskant-Akkorden überhöht. „Rondo“ ist dieses ausladende Finale umschrieben. Das ist nicht der einzige Rückgriff auf die Tradition, mit der Rihm in jeder Hinsicht form-vollendet umgeht, ohne sich ernsthaft dem Vorwurf des Eklektizismus auszusetzen. Da darf der Solist schon mal à la Prokofiev loslegen. Und es können sich Dinge entwickeln, die quasi zum Kanon des Genres „Klavierkonzert“ gehören: ohrenfreundlich und doch nicht wirklich anpässlerisch. Am Ende: ein weit gesponnenes, ultra-ruhiges Klaviersolo, auf das die Streicher einsteigen, indem sie in eine abgründig-fahle Unterwelt führen. Mit einem einzelnen Ton in Mittellage bleibt dort das Klavier quasi „hängen“. Viel herzlicher Beifall für den Solisten und den Komponisten.
Nach der Pause des Konzerts am Montag (25.8.) hörte man die „Siebente“, als vorletzte Pflichtübung im Bruckner-Symphonienzyklus der Festspiele. Frei nach Qualtinger: Christoph Eschenbach gegen Bruckner, das ist Brutalität. Nach zehn Uhr abends sollte man sich solchem Schrecken eigentlich nicht mehr aussetzen, es drohen gar böse Träume. Schon: Das Gustav Mahler Jugendorchester hat mit seinen Tutoren viele Bausteine für dieses Werk wirklich schön und gründlich erarbeitet. Aber dann kam Eschenbach. Und ohne Dirigenten mit Perspektive kommt eine Bruckner-Symphonie einfach nicht aus. Eschenbach hat die Sache aufs Heftigste kapellmeisternd von Zäsur zu Zäsur geschleppt. 65 Minuten können eine Ewigkeit dauern.