Traum durch die Dämmerung
LIEDERABEND / DAMRAU / DE MAISTRE
21/08/14 Sie ist wohl die Energie sprühendste der großen Sopranistinnen: Diana Damrau singt mit einer Körperspannung, die an Raubkatzen vor dem Sprung denken lässt. Dementsprechend präzis sitzen ihre Töne und entsprechend knisternd vor Energie ist ihre Kantilene.
Von Heidemarie Klabacher
„Looking daggers“ - Dolche schauen - sagen die Engländer, wenn wer zornig ist. Diana Damraus „Dolche“ sind aus kostbarstem Material. Und sie transportieren - wenn nötig wohl auch Zorn – aber auch alle anderen Emotionen, derer der Mensch fähig und die im Lied besungen werden.
Ein Strauss-Programm hat Diana Damrau bei ihrem Festspiel-Liederabend gesungen, mit einem kleinen Ausflug über die Moldau nach Tschechien und zu Antonin Dvoraks „Zigeunermelodien“ op. 55.
Letztere hat erst am Sonntag (17.8.) Piotr Beczala gesungen, was – nebenbei nur – die Frage aufwirft, ob sich nicht auch die Liederabend-Programme ein wenig koordinieren ließen. Niemand tut sich was Gutes, wenn er oder sie hinter Beczala ausgerechnet „Cigánske melodie“ hersingt oder hinter Christian Gerhaher „Ganymed“.
Diana Damrau ist an diesem Abend nicht von einem Pianisten begleitet worden, sondern von Xavier de Maistre auf der Harfe. Was kurz gesagt ebenso originell, wie unergiebig war.
Auch wenn Xavier de Maistre als der Künstler gefeiert wird, „dem es gelungen ist, die Harfe aus dem Bereich der zarten Töne hervorzuholen“, kann er sein Instrument nicht beliebig forcieren. Bei den temperamentvollen Liedern und im Forte wurde der Harfenklang denn auch sehr schnell hart und eindimensional, wenn er pointierter und voller hätte werden sollen.Die Sopranstimme hing nicht gerade in der Luft, aber die Damrau’schen Temperaments-Ausbrüche konnten einfach auf keinen adäquaten Gegenspieler treffen.
Damit sei nun nicht der virtuose Harfenist Xavier de Maistre in Frage, sondern einfach nur die Sinnfrage in den Raum gestellt: Den geradezu symphonischen Strauss-Liedern (sofern sie nicht überhaupt auch Orchesterlieder sind) fehlte ganz einfach der substantielle Klanggrund.Gar nicht „’rüber kommen“ wollte denn auch der Überschwang etwa in der „Heimlichen Aufforderung“ oder eben die pulsierende Kraft der „Zigeunermelodien“.
Dennoch war es ein überaus feiner spannender Liederabend, der besonders in den ruhigen stillen Liedern unvergessliche Augenblicke schenkte, ein Abend geradezu im „Traum durch die Dämmerung“ führte. Allein die schwebend sich wiegende Einleitung zu diesem ätherischen Lied wird in Erinnerung bleiben.
Ein inniges Gebet hat Diana Damrau aus der überwältigenden „Winterweihe“ gemacht. Im Lied „Ruhe meine Seele“ ließ sie in atemberaubenden pianissimo „lichten Sonnenschein“ sich durch die Blätter stehlen und den ganzen Raum sich mit Wärme füllen. So still war es selten einmal im Konzert. Und so lässt sich dieser leise Harfenbegleitete Abend auch als feines Statement gegen den Lärm der Zeit lesen und als Aufforderung zum genauen und ruhigen Zuhören.