Warum bloß heißt Emma ausgerechnet Emma?
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12/08/14 Ja, warum nur? Peter Stein hat Schuberts „Fierrabras“ inszeniert. Premiere ist morgen Mittwoch (13.8.) im Haus für Mozart. Stein spricht die Warum-Frage gelassen aus und weiß auch keine Antwort. Auch was der Regisseur sonst über das Werk sagt, ist nicht immer schmeichelhaft für den Librettisten.
Von Reinhard Kriechbaum
„Es beruht alles auf der Musik, der Text ist so grauenvoll“, versichert Peter Stein. Er und das Ensemble müssten sich in den Proben „zusammenreißen, um nicht dauernd zu lachen“. Das Libretto sei „ein ziemlich ungeschickter Mix aus romantischen Motiven und der Geschichte“, erklärt Stein. Um die Tochter Karls des Großen geht es – eben die eingangs erwähnte Emma – und um ihre Liebe zum ziemlich unterdurchschnittlichen Ritter Eginhard. Der Maure Fierrabras hätte die junge Dame auch gern, aber das spielt’s nicht. Bis die richtigen Paare zusammenkommen und Fierrabras, wiewohl dunkler Hautfarbe, in den Kreis der edlen fränkischen Ritter aufgenommen wird, braucht es eine ganze Oper lang. Die Lektüre der Inhaltsangabe gibt ein Durchschnitts-Opernbesucher entnervt auf.
„Fierrabras“ ist die erste Schubert-Oper überhaupt bei den Salzburger Festspielen. Alexander Pereira habe sie sich, so sagte er selbst heute Dienstag (12.8.) in einem Pressegespräch, in den Kopf gesetzt. Er hat „Fierrabras“ schon in seiner Zürcher Zeit produzieren lassen und dort auch zwei weitere (von insgesamt zwanzig) Schubert-Opern gespielt: „Des Teufels Lustschloss“ und „Alfonso und Estrella“. Eigentlich wäre Nikolaus Harnoncourt als Dirigent ausersehen gewesen, aber der fühlte sich dann nicht mehr fit genug für eine Oper, die er noch nie dirigiert hat. Und er machte zudem erst jüngst bei der Styriarte in Graz Purcells „Fairy Queen“.
Nun wird also Ingo Metzmacher dirigieren. Derschwärmt von der „unglaublichen Dramatik“ der Musik. Freilich, Anklänge an Komponistenkollegen fänden sich in der Partitur: „Der ‚Freischütz‘ war kurz zuvor, auch die Trompete aus dem ‚Fidelio‘ hört man, aber zuallererst ist es für mich Schubert!“ Dass Oper bloß eine Nebensache für den Liederfürsten und Symphoniker gewesen wäre, kann Metzmacher nicht glauben. In der kurzen Lebenszeit habe er immerhin zwanzig Opern geschrieben, „da kann es gar nicht sein, dass er das mit halbem Herzen gemacht hat“.
Georg Zeppenfeld, der Karl den Großen singt, über die Offerte an die Sänger: „Was fehlt, sind die Kantilenen, die andere Komponisten bereit stellen. Aber entschädigt wird man mit ergiebigen Ensembleszenen.“
Regisseur Peter Stein hat sich von Bühnenbildner Ferdinand Wögerbauer eine gemalte Prospekt-Bühne „wie aus dem Jahr 1820“ bauen lassen. Das habe ihn gereizt, „weil ich ein Basteltyp bin“. Wie Stein bastelt, wird man sehen, intellektuelle Erwartungen schraubt der Regisseur gleich zurück: „Es ist sowieso gefährlich, in Bezug auf dieses Werk zuviel nachzudenken.“
Das solle man auch gar nicht erst in Sachen Mauren und Christen tun, Peter Stein sieht im Fierrabras-Libretto weniger die Auseinandersetzung mit dem Islam gespiegelt, sondern „das Bedürfnis der Romantik nach ‚originaler“, also germanischer Kultur“. Der Tenor Michael Schade, der die Titelrolle singt, nimmt mit der Uhr Maß am verhältnis zwischen Mauren und Christen: „Der Unterschied beträgt genau zwanzig Minuten“, sagt er – und meint damit eigentlich das Doppelte. Zwanzig Minuten dauere es nämlich vorher, bis die Farbe auf dem Gesicht sei, und das Abschminken brauche gleich lang. Solche Prozeduren braucht’s für Emma nicht.