„Im höchsten Grade wunderbar“
FESTSPIELE / BUCHBINDER / BEETHOVEN-ZYKLUS 3
11/08/14 Die ersten Klangwasserfälle in C-Dur ergießen sich glamourös ins Publikum. Nach dem ersten Satz fragt eine Dame in Reihe 11: „Spielt der Mann auf einem Flügel?“ Wo ist Loriot, wenn man ihn braucht? „Ein Klavier, ein Klavier“ hätte dieser vielleicht geantwortet.
Von Stefan Reitbauer
Wer konnte vor zweihundert Jahren Beethovens Sonaten in angemessener Qualität spielen, die vielfältigen technischen Herausforderungen meistern? „In dem jungen Menschen steckt der Satan. Nie hab´ ich so spielen gehört! Er fantasierte auf ein von mir gegebenes Thema, wie ich selbst Mozart nie fantasieren gehört habe. Dann spielte er eigene Compositionen, die im höchsten Grade wunderbar und großartig sind, und er bringt auf dem Clavier Schwierigkeiten und Effecte hervor, von denen wir uns nie haben etwas träumen lassen.“ So schwärmerisch und tief beeindruckt sprach Joseph Gelinek, der Hauspianist des Grafen Kinsky, nach einem musikalischen Wettstreit mit Beethoven.
Wenn Rudolf Buchbinders Hände beim ersten Stück des Abends, bei der Sonate Nr. 3 C-Dur op. 2/3, über die Tasten fegen, stellt sich tatsächlich die bange Frage, ob zur Zeit Beethovens nicht sämtliche Pianisten mit seinen Virtuositäten heillos überfordert gewesen sein mussten. Pädagogisch wertvoll waren die Intentionen Beethovens zur Komposition der Sonate Nr. 19 g-Moll op. 49/1. Die beiden kurzen Sätze verfliegen im Nu, Buchbinder lässt die klaren Züge dieses wohl zu Unterrichtszwecken entworfenen Werks glucksend hervorsprudeln. Kindlich frech zieht das Rondo vorbei.
In der Sonate Nr. 26 Es-Dur op. 81a mit dem Beinamen „Les Adieux“ lässt Buchbinder tiefe Innigkeit und ehrliche, authentische Empfindungen in den drei Sätzen „Das Lebewohl“, „Abwesenheit“ und „Das Wiedersehen“ zu. Nach der Pause darf man sich über weitere Virtuositäten freuen. Die Sonaten Nr. 7 D-Dur op. 10/3 und Nr. 28 A-Dur op 101 bestechen ob ihrer unglaublichen Dichte an Ideen, Witz und Intensität. Andere Komponisten hätten mit diesem Material zwanzig Sonaten entstehen lassen.