Ein Salzburger Heiligtum
FESTSPIELE / C-MOLL-MESSE
24/07/14 Mozarts c-Moll-Messe in St. Peter gehört zu den Festspielen wie der „Jedermann” auf dem Domplatz. Die alljährliche festliche Feier der Genius loci, 1927 von Bernhard Paumgartner installiert, findet an geschichtsträchtigem, wenn auch akustisch zweifelhaftem Ort statt.
Von Gottfried Franz Kasparek
Auch mit der Geschichte ist es so eine Sache. Die Uraufführung am 26. Oktober 1783 in der Basilika St. Peter ist nicht mehr als eine Vermutung – letztlich fehlt jegliches Dokument dafür. Klar scheint nur, dass Mozart an diesem Tag eine Messe zur Aufführung gebracht und Constanze dabei gesungen hat. Teile der fragmentarischen „großen Messe“, welche die gottesdienstlichen Vorschriften in Salzburg gesprengt hätte und wohl eher als Liebesgabe an Constanze, geschrieben mit dem Wiener Stephansdom im Hinterkopf, gedacht war, könnten damals natürlich erklungen sein. Da es in diesen aufgeklärten Zeiten allerdings kaum wo möglich war, ein liturgisches Werk dieses Ausmaßes in einer Kirche unterzubringen, wurde später die Kantate „Davidde penitente“ daraus.
Wie auch immer – es ist schön, daran zu denken, dass einst Constanze Mozart die herrliche Sopranarie „Et incarnatus est“ in St. Peter gesungen haben könnte, freilich auf der Empore und nicht im Altarraum, wo nun die Gesangssolisten vor jeder Nummer, in der sie dran sind, das knappe Podium erklettern müssen. Die famose Sopranistin Maria Grazia Schiavo, eine wahrhaftige „Madame Silberklang“, musste dies oft tun und erzeugte jedes Mal einen Ohrenschmaus, so grundmusikalisch und fein intonierend agierte sie. Auch dem zweiten, dunkler timbrierten Sopran, Ann Hallenberg, hörte man gerne zu. Tenor Jeremy Ovenden und Bassist Andrew Foster Williams, beide von Mozart äußerst stiefmütterlich behandelt, komplettierten das Quartett seriös.
In der Mitte des so schönen wie akustisch grenzwertigen Raums sitzend, waren sogar viele feine Nuancen zu vernehmen, zumindest zu erahnen. Christophe Rousset, ein inspirierender Dirigent und Originalklangspezialist ohne Neigung zum scheppernden Temopobolzen, ließ der Musik ihren Atem und ihren Nachhall. Bezwingend ausgemalt erklangen da manche Details, etwa die wundersamen Holzbläsersoli im Duett mit dem ersten Sopran. Die Camerata Salzburg erfreute mit beseeltem und präzisem Spiel. Der Salzburger Bachchor, wieder einmal perfekt studiert von Alois Glaßner und derzeit im Volleinsatz, ist zweifellos die erste Besetzung für ein Stück, welches den Bogen von verblüffender Händel-Kopie im Gloria bis zu irisierendem Rokoko-Koloraturzauber im Credo spannt und trotz aller Torsohaftigkeit aus einem genialen Guss wirkt – zumal in der einfühlsam ergänzenden Fassung von Helmut Eder.
Nachzutragen wäre, dass Michaela Aigner die Orgel bediente und dies sicherlich ohne Fehl und Tadel tat. Am Ende gab es großen Applaus für ein liebenswertes Salzburger Musikheiligtum.