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Ein Fest für Smetana

FESTSPIELE / BERLINER PHILHARMONIKER / PETRENKO II

27/08/24 Es glitzert und funkelt konkurrenzlos bezwingend, wenn Krill Petrenko die Berliner Philharmoniker durch die Elfenreigen und Stromschnellen der „Vltava“, der Moldau, führt. Bedřich Smetanas sechsteilige Tondichtungs-Zyklus Má vlast – Mein Vaterland – kann man nicht perfekter spielen. Eine Luxusvariante, die man sofort auf Tonträgern veröffentlichen könnte.

Von Gottfried Franz Kasparek

Man kann in dieser bejubelten Interpretation unglaublich viele, sorgfältigst ausgemalte Details zwischen der Burg Vyšehrad und dem tschechischen Untersberg Blaník entdecken, kann sich am pulsierenden Amazonenritt Šárkas ebenso erfreuen wie an aufs Feinste schattierter Naturmalerei in „Böhmens Hain und Flur“.

Wunderbar, wie Petrenko den dreimaligen, immer wieder unterbrochenen Beginn der Polka in letztgenannter Tondichtung spannungsgeladen aufbaut, ehe diese regelrecht in praller Tanzlaune explodiert. Grandios, wie er die beiden letzten, sich sonst mitunter etwas zäh dahin ziehenden Stücke des Zyklus, „Tábor“ und „Blaník“, wirklich zu einem packenden, dramatischen Ganzen vereint – da zeigt sich auch die Pranke des Operndirigenten. Wie überhaupt der Zyklus zu einer theatralischen Erzählung in drei Teilen wird, gekrönt von der großen nationalen Apotheose des 19. Jahrhunderts. Die ist nicht wegzuleugnen – und, Hand aufs Herz, die immer wieder aufrauschende Hymnik ist zwingend formuliert, glänzend instrumentiert und geht, welcher ethnischen Abstammung man auch sein mag, einfach in den Bauch und erzeugt emotionales Hochgefühl.

Und man denkt darüber nach, dass das eingängige, unvergessliche Moldau-Thema. eine typische „europäische Wandermelodie“, insbesondere auch ein schwedisches Volkslied ist – und sogar die Hymne Israels melodisch prägt. Nationalmusik kann völkerverbindend wirken, wenn sie so genial erfunden ist und derart unprätentiös, das Plakative nicht verschweigend, aber das Pathos nicht übertreibend und dennoch in voller Klangpracht präsentiert wird wie diesmal. 

Natürlich sind die Berliner Philharmoniker von den ersten perlenden Harfenklängen an in allen ihren Gruppen Weltklasse und unverkennbar in ihrer oft scharf gezeichneten Transparenz, die übrigens tschechischen Orchester-Traditionen in ihrem hellen Grundklang der Bläser durchaus verwandt ist. Dass das Eliteorchester und sein charismatischer, dabei bescheiden auftretender Chefdirigent nicht unbedingt Muttersprachler der böhmischen Musik sind, ist an einem gewissen Understatement in Sachen „slawische Seele“ zu bemerken. Mitunter droht in den langsamen Passagen Unterkühlung – aber sie droht nur, sie bricht nicht aus. Einzelheiten wie die bukolische Oboenmelodie als idyllischer Kontrast zur Beschwörung des Hussitenchorals im Finale können verzaubern. Insgesamt ein tolles Fest zum 200. Geburtstag Smetanas. Wie schade, dass sich in unseren Landen kaum wer an seine Opern wagt. Sogar Die verkaufte Braut ist ja schon zur Rarität geworden.

Bilder: SFS / Marco Borrelli

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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